Via Gebenensis

Nach einer Pause in 2014 wegen Problemen im linken Knöchel bedingt durch zu enge Wanderstiefel starte ich wieder von Genf Anfang Mai 2015 auf die Via Gebenensis Richtung Ende der Welt. Nach 17 Etappen auf zwei Jahre bzw Jahresurlaube verteilt erreiche ich Le-Puy-en-Valley im Juli 2016.


Von Saint Juliet-Chapdeuil bis Le Puy-en-Velay

(Saint Juliet-Chapdeuil/Le-Puy-en-Velay, Samstag, 02.07.2016)

Vom Schlafplatz am rauschenden Bach ohne klapperende Mühle direkt im Zentrum von Saint Juliet-Chapdeuil starte ich mit sorgfältigst getapten Fersen zur letzten Etappe auf der Via Gebenennsis.

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Dem tristen Ausmarsch durch ein Industriegebiet steht nach einigen Kilometern der Einmarsch im archaisch anmutendem Eynac mit seinem Basaltkegel gegenüber.

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Schon von weitem sind die erstarrten sechskantigen Basaltpfeifen des mit der Eruption nicht fertig gewordenen Vulkans erkennbar. Eruptio interruptus!

Der Weg führt nun um den Stumpf herum mit Blick auf die Rückseite. Wäre schon cool so ein Ding vor seiner Haustür zu haben.

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Nun geht es Auf-und-Ab zwischen den Schuttausläufern von Vulkanen nach Saint-Germain-Laparade mit seinem Normannenkirchturm. Aus unerfindlichen Gründen soll der Pilger jetzt nicht mehr direkt auf den kürzesten Weg in den Ort, sondern über einen Umweg entlang der Rue National. Mag sein, dass er durch den Geruch der hier massenweise vorhandenen Misthaufen verwöhnt werden soll.

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Nachdem ich aus der Ortschaft herausgefunden habe, steige ich zum Mont Joie auf mit einem ersten Blick auf Le Puy.

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Beim Anblick der halben Brücke ist man nicht in Avignon sondern in Brives-Charensac.

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Auf der Promenade entlang der Loire bewege ich mich langsam aber sicher auf Le Puy zu.

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Das Hinterteil der Notre-Dame-de-France grüßt als erstes.

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Es gilt sie zu umrunden, um den Blick frei zu bekommen auf den Saint Michel D’Aguilhe.

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Den Aufstieg dort hinauf spare ich mir zunächst. Es reicht schon der zur Kathedrale.

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Mit einem Blick über Le-Puy feiere ich den Abschluß der Via Gebenennsis.

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Von hier sollen es noch 1540 km nach Compostella sein. Bisher habe ich ungefähr 1100 km zurückgelegt. Es gibt noch viel zu tun.

Bis zum nächsten Jahr auf der Via Podenensis.

Von Saint Jeures bis Saint Juliet-Chapdeuil

(Saint Jeures/Saint Juliet-Chapdeuil, Freitag, 01.07.2016)

Da ich einem Vulkan unbedingt in den Trichter schauen will, fahren wir am gestrigen Abend noch zum nahen Pic de Lizieux und verbringen gleich die Nacht dort. Die hundert Kilometer weite Rundumsicht auf einem ehemals Feuer speienden Berg halte ich mittlerweile für das Größte überhaupt. Zum Jurasic Park Feeling fehlen bloß noch die Saurier.

Das liefert uns der Bauer, indem er absichtlich oder unabsichtlich eine kleine Herde Kühe mit einem Stier auf die nur durch einen dünnen Draht von unserem Mobil getrennte Weide bringt. Kaum öffnet er die Tür seines Anhängers stürmt der Bulle auch schon heraus und vertieft sich mit seinen Hörnern erst einmal in den Reifen der unschuldigen Zugmaschine.

„Fritz, Fritz!“ ruft der Bauer. Dies bringt das Vieh dazu, erst einmal in die Ginsterhecken zu stürmen, diese niederzuwalzen, um dann zwischen zwei Birken steckenzubleiben. Da will er natürlich zurück, was nicht sofort klappt. Deswegen will er wieder nach Vorne. Er ist frustriert und unterstützt sein Vor-und-Zurück durch ein lautes Gemuhe, wobei ihm immer häufiger die Luft weg bleibt.

„Fritz, Fritz!“ ruft der Bauer wieder, geht auf die Birken zu und schlägt ihm erstmal mit einem Ochsenfisler (getrockneter Stierpenis) auf die Hörner. Das ist die Sprache, die der Stier zu verstehen scheint. Er stoppt das Vorwärts, und will nur noch Rückwärts. Er kommt frei und springt dann mit den Hinterbeinen hochausschlagend noch ein paar Mal im Kreis. Dann ist Ruhe!

Irgendwie scheint das ein sich wiederholendes Ritual zu sein. Der Stier scheint nicht auf die Idee zu kommen, den Bauern anzugreifen. Der Bauer scheint sich ziemlich sicher, dass er nicht angegriffen wird. Irgendwie ein harmonisches Paar!

Uns hat der Fritz in der Nähe des Mobils ignoriert. Als ich mich etwas davon entferne, vergisst er das Grasen und beobachtet mich mit größter Aufmerksamkeit. Wir trauen dem dünnen Draht nicht und ziehen uns in das Auto zurück, schließen die Tür. Jetzt haben wir das Jurasic Park Feeling. Zogen sich nicht auch die Besucher im Film beim Angriff der Raptier in ihre Autos zurück?

Wir haben es überlebt und sind zurück in Saint Jeures, von wo es nach Saint Julien Chapieul über den höchsten Punkt auf der Via Gebenennsis geht.

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Heute werden Vulkane geboten. Das ist nur der Vorgeschmack.

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Araules hat ein Lebensmittelgeschäft. Grund genug die Ortschaft aufzusuchen.

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Alles für Tierfreunde!

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Alles für Pflanzenfreunde!

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Dann ist der höchste Punkt erreicht. Gewaltig! Schön! Gewaltig schön!

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Hätte mir einer der Glücklichen hier sein Häuschen angeboten, ich hätte es umgehend gekauft!

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Queyrieres vor dem nackten Vulkanrumpf hätte ich gerne besucht. Leider liegt es nicht auf der Route.

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Dann bin ich überraschend schnell in St.Juliet-Chapdeuil. Es gibt eine neue Wegführung, die fast drei Kilometer kürzer ist als meine geplante. Und da war dann auch noch Dominique aus der Schweiz seit Anfang Mai von Rohrschach aus unterwegs, der mich auf dem Abstieg einholt. Abhängen lassen geht natürlich nicht.

Von Montfaucon nach Saint Jeures

(Montfaucon/Saint Jeures, Donnerstag, 30.06.2016)

Der Morgen in Montfaucon beginnt mit Aufstechen von Wasserblasen, die sich über Nacht in herrlicher Pracht am rechten und linken Fußballen aufgebläht haben. Die sorgen mich eigentlich nicht. Solange sie leer sind, sind sie fast nicht zu fühlen. Gegebenenfalls muß ich halt mit einer Sicherheitsnadel nachstechen.

An den Fersen beginnen sich jedoch kleine Kugeln aus Hornhautschichten aufzubauen, die wie Nadeln in die darunterliegenden Hautschichten stechen. Ist das Gepieke allein schon nervend, werden sich die Stellen entzünden, als Brennen spürbar und als Blutblasen sichtbar.

Guter Rat ist teuer. Die Hornhaut wegzuhobbeln, traue ich mich dann doch nicht. Also Blasenpflaster drauf, um zumindest die Reibung zu reduzieren. Wie sich herausstellt enthält dieses ein Gel, das in die Haut eindringt, weich macht und Entzündungen hemmt. Ob das auch für die billigen Pflaster aus französischen Supermärkten gilt, habe ich nicht ausprobiert.

Auf jeden Fall fühlt sich das Ganze im Stiefel beim Start nach Saint Jeures überraschend gut an.

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Die braunen Mauern von Montfaucon mögen bei blauem Himmel einen eigenen Charm ausstrahlen. Aber heute ist er grau. Es regnete in der Nacht, es schaut weiter nach Regen aus. Ich habe sogar meinen roten Aluschirm dabei. Wenigstens ein Farbtupfer!

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Bei braunen Mauern im Grünen dagegen wird es romantisch. Ich könnte es vor und hinter denen hier gut aushalten.

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In all diesem Braun und Grün kommt der Riesenhahn mit seinem bunten Gefieder gerade recht. Trotz seiner vielen Hennen beneide ich ihn nicht um das chaotische Ambiente aus in den letzten Jahrzehnten angehäuften Werkzeugen,Fahrzeugen und Plastikeimern. Das verbreitete Motto lautet: „Alles kann man brauchen.“

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Tence ist erreicht. Mein fehlendes Vertrauen in die Jakobswegbeschilderung beschert mir eine längere Stadtbesichtigung. Hier hätte ich meine Mittagspause einmal jenseits von Baguette und Salami nutzen können.

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Am Schluß verlasse ich die Stadt doch über den ausgeschilderten Weg und den Hochwasser führenden Fluß. Die Niederschläge der letzten Nacht waren doch sehr ergiebig.

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Die gestern von Les Setoux noch so klein und weit entfernten Berge werden größer und kommen näher. Es geht voran.

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Das heutige Ziel Saint Jeures ist nahe. Meine Sohlen haben gut gehalten und ich fühle mich ansonsten auch noch fit. Ich denke darüber nach, die Etappe auszuweiten, um mir einen Tag bis Le Puy zu sparen.

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Doch dann sehe ich das Gite d’Etape mobile vor der Kirche in Saint Jeures. Da ziehe ich meine Schuhe aus, genieße das von der Herbergsfrau zubereitete Pilgermahl und verbringe den Rest des Tages damit, mich wie Gott in Frankreich zu fühlen.

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Von Les Setoux bis Montfaucon

(Les Setoux/Montfaucon, Mittwoch, 29.06.2016)

Ob die Pause Gottes Wille war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall verbrachte ich den gestrigen Tag überwiegend in einem Campingstuhl an einem schönen See in der Nähe von Les Setoux mit Blasenpflege.

So geht es halt erst einen Tag später nach Montfaucon. Das Ziel liegt 300 Meter tiefer als der Startpunkt. Letzten Endes ein Abstieg, wenn auch ein welliger.

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Guten Mutes macht sich der fromme Pilger in Les Setoux auf den Weg.

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Wie immer ein Rückblick auf den Ausganspunkt Les Setoux.

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Die Wegkreuze werden nun häufiger.

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Vor Montfaucon ein motivierender Ausblick auf die Ziele der nächsten Tage.

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