Von El-Burgo-Ranero bis Mansilla

(El-Burgo-Ranero/Mansilla-de-las-Mulas, Sonntag, 06.03.2022)

Die Nacht war kalt am Dorfweiher in El-Burgo-Ranero. Raureif liegt auf den Dächern nach tiefen Minustemperaturen. Gut eingepackt geht es nach Mansilla-de-las-Mulas.

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Mit einem Blick zurück über die gefrorene Lagune nehme ich Abschied.

Auf dem Weg nach Mansilla sehe ich heute zwei Radfahrer mit vor Kälte roten Gesichtern und eine Gruppe von fünf Mopedfahrern mit ihren ratternden alten Zweitaktern. Ich nehme niemanden auf Schusters Rappen wahr, zumindest niemanden in meiner Richtung. Dagegen kommen wir zwei entgegen.

Der erste taucht mit einem Müllsack auf und sieht es als seine Aufgabe, den Abfall der Pilger auf dem Camino zu beseitigen. Er outet sich als Franzose und gibt mir eine Karte mit einem frommen Gebet. Dann fragt er mich, ob ich ein Problem habe. Ich antworte, mein Innenminiskus hat einen Riß. Er bietet mir an, seine Hand aufzulegen und für mich zu beten. Das ist mir dann doch zu intim. Ich bin mir nicht sicher, ob das ehrlich gemeint ist oder nur eine Finte mit irgendwelchen Hintergedanken. Mit den besten gegenseitigen Wünschen trennen sich unsere Wege.

Den zweiten treffe ich kurz vor dem Zielort mit einer Gitarre, die eher einem bunten Bretterverschlag gleicht. Er ist Engländer, heißt Russel, ist 57, ist schon seit drei Jahren auf allen Caminos unterwegs und jetzt auf dem Weg zurück in seine Heimat. Und das ohne Geld! Es ist so hart!

Es folgt ein Mitleidstrigger nach dem anderen: er kann nicht mehr Gitarre spielen seit ihm jemand seine Finger gebrochen hat, deswegen hat er keine Einkünfte; er will heim zu seiner 84-jährigen Mutter, die ihn seit Jahren nicht mehr gesehen hat, dazu muss er sich aber kostenpflichtig gegen Covid impfen lassen, die Briten lassen ihn sonst nicht einreisen, er hat aber kein Geld; die Welt ist so schlecht, was will dieser Putin überhaupt, was wollte Angela Merkel und Obama überhaupt, alles nur Marionetten der Banken, die haben Geld; die spanischen Priester, auch die sitzen auf ihrem Gold in den zugesperrten Kirchen, alles geraubt in Südamerika, noch keinen Cent hat er jemals bekommen.

Er ist ein Schelm. Er hat die besten Jahre hinter sich. Ich bin überzeugt, es geht ihm wirklich nicht gut. So soll er halt einen Obolus für seine begehrte heiße Tasse Kaffee bekommen. Und ich komme endlich weiter!

Wieder hat die Fahrerin ein tollen Stellplatz vor der Stadtmauer in Mansilla gefunden.