Von Weitnau bis Simmerberg

(Weitnau/Simmerberg, Freitag, 06.05.2011)

Am Freitagmorgen breche ich von Weitnau nach Simmerberg auf. Weil die Kirche meiner Übernachtungsstätte, dem Gasthaus Krone, gegenüber liegt, statte ich ihr einen Besuch ab. Kein Barock mit Skeletten in Vitrinen! Mal was anderes! Ich bin angetan!

Weitnau – Kirche

Meine Wirtin warnte mich! Ich solle etwas zu essen mitnehmen! Auf dem ganzen Weg nach Simmerberg gibt es kein Wirtshaus. „Aber wenigstens so was wie einen Bäcker oder Metzger!“ dachte ich mir. Nichts! Oder alles mit Umweg verbunden! Mit Käselädle konnte ich da noch nichts anfangen. So musste mein Überlebensgemisch aus Trockenobst und verschieden Nusssorten herhalten. Meinen Flüssigkeitsbedarf deckte ich aus den gleichen Stellen wie die Kühe. Vielleicht sollte ich das öfter tun, denn mein Body nimmt wirklich willig all die Ab- und Anstiege in Angriff.

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Bis auf das letzte Stück kurz vor Simmerberg entlang einer Autostraße war das bisher die schönste Etappe auf meinem Jakobsweg. Ein Hauch von Seiseralm!

Von Wiggensbach bis Weitnau

(Wiggensbach/Weitnau, Donnerstag, 05.05.2011)

„Unser Kiarch miasa’S aber oschoi! Wir haba a schäne Kiarch!“ fordert die Vollblutwirtin des Goldenen Kreuzes in Wiggensbach. Beim Abendessen erzählt sie kurz alles, was ein Pilger über ihren Heimatort wissen sollte: „Wir haba so a netta Pfarra! Wir haba 105 Ministranta! Die haba gsammelt für a Ausflug zum Bodasä! Die haba soviel Geld kriagat, dass sia’s net haba ausgeba kennat.“ Ihr Standardspruch lautet: „Mei nett!“ Es ist alles nett, auch die Preise! Ihre selbstbewusste Erklärung: „Aber der Pilger freut sich dann scho a, wenn a amal wiada was gscheits kriagt!“

Ich habe dann auch die Kirche angeschaut und bin von dort nach Weitnau aufgebrochen. Diesesmal habe ich auch den Wegweiser für den Jakobsweg am Ortsausgang gefunden. Die Ausschilderung nach Weitnau ist vorbildlich.

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Vor Buchenberg bekomme ich dann Probleme mit meiner Blase an der rechten Ferse. Die ist schon wieder voller Wasser und wird immer größer! Ich hole mein Notfalloperationsset in Form einer Sicherheitsnadel von meinem Strohhut. Ein herzhafter Durchstich, etwas Drücken und das Wasser spritzt in einer Fontäne. Kein Zweifel, die tote Haut in der Größe eines Zwei-Euro-Stückes wird für weitere Probleme sorgen. Momentan ist das Ganze im Schuh nicht angenehm aber erträglich.

Nach Buchenberg beginnt es zu regnen. Erst fängt es ganz langsam an. Aber dann! Aber dann!

Als ich in Rechtis mal wieder über eine Weide gehe, sehen mich die Rindviecher als ihren Heilsbringer, der sie vor der Unbill des Unwetters schützen und in den sicheren Stall geleiten wird. Die ganze Herde folgt mir schließlich bis zum Gatter, wo sich unsere Wege wieder trennen. Die Enttäuschung ist den Tieren in die großen Augen geschrieben. Mir bricht ihre Ratlosigkeit fast das Herz.

Trotz des peitschenden Regens steige ich den Sonneckgrat hoch. An exponierten Stellen verschwinde ich in Nebelschwaden, im Wald jedoch schützen die Bäume vor dem Wind. Nur ein Bruchteil der Feuchtigkeit gelangt schon durch das Blätterdach.

Genau beim Abstieg vom Grat hört der Regen auf. Ab und zu kommt sogar die Sonne durch. Als ich in der Unterkunft ankomme sind schon wieder die Hosenbeine trocken.