Von Navarrenx bis Larribar

(Navarrenx/Larribar, Donnerstag, 11.07.2019)

Kaum ist es hell, verlasse ich Navarrenx durch die Festung. Ich genieße die Stille in der noch schlafenden Stadt.

Aroue ist angepeilt. Es werden dann aber doch wieder ein paar Kilometer mehr bis Larribar.

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Eben und auf festem Untergrund geht es unter dem Dach von Eichenwäldern in der angenehmen Morgenkühle dahin. Die Bäume durch Buchen ersetzt könnte ich mich in irgendeinem Wald zuhause befinden.

Nach circa zwei Stunden geht es leicht aufwärts nach Daguerre. Dort ist ein Betrieb, in dem Konserven mit den regionalen Erzeugnissen abgefüllt werden. Für die Jakobspilger ist dort eine Hütte mit kostenlosen Kaffee. Ideal für eine Pause!

Ein paar Konserven werden günstig zum Verkauf angeboten. Ich greife zu einer mit Leberpastete und einem Überraschungspaket mit phantasievollem französischem Namen, aber ohne Ahnung über den Inhalt. Mein Coach wirft mir später verantwortungsloses Handeln vor, da ich Gänseleberpastete von geschundenen Tieren erworben habe.

Bei Charre haben wir dann mal wieder eine Umleitung. Die D23 darf nicht direkt überquert werden. Ohne zunächst ersichtlichen Grund sind einige Meter durch eine Unterführung in Kauf zu nehmen.

Später weisen niedergelegte Blumensträuße auf der anderen Seite auf einen offensichtlich tödlichen Unfall hin. Für die französischen Behörden folgt: „Wanderer weg von den Autos“. Das macht so manche Wegführung plausibel!

Bis kurz vor Aroue geht das Konzept auch auf. Dann heißt es erhöhte Vorsicht auf der D11!

Mein Wanderführer präsentiert die Ortschaft als Verpflegungspunkt mit einer Kirche, in der der heilige Jakob die christliche Wahrheit heldenhaft mit den Schwert verbreitet. Diese nicht zeitgemäße Darstellung wäre schon einen Besuch wert!

Wohl dem der einen Scout hat, der vorher feststellt, das einzige Lebensmittelgeschäft im Ort hat aufgegeben und die Kirche ist geschlossen. Nur um ein paar Meter mehr zu gehen, werde ich nicht in die Ortschaft aufsteigen.

Ein wandernder Schreiner und Pädagogikstudent auf der Suche nach dem wirklichen Leben droht damit fast der Hungertod. Wer weiß, was geschehen wäre, hätte nicht Roswitha all unsere Vorräte an Baguette, Käse, Salami, Tomaten, Gurken, Äpfel wie der heilige Martin mit ihnen geteilt.

Stattdessen biege ich beim Château de Joantho ab und bleibe gleich auf der neuen Route. Seltene Verkehrsereignisse bewirken Überraschungeffekte mit hektischer Betriebsamkeit.

Der Aufstieg selbst wird aber nur ein paar Kilometer nach Westen verschoben. Dafür kommt man dann auf eine eine Hochebene mit Nullverkehr aber erhöhter Sonnenexponiertheit und tollem Blick auf die Pyrenäen.

Für heute bin ich dann auch genug gegangen. Irgendwo auf dem Gemeindegebiet von Larribar-Sorhapuru ist dann Schluß. Ein Ortsmittelpunkt kann nicht gefunden werden!

Der Van parkt an einer Straße bis zum nähstem Morgen. Genau zweimal fährt ein Traktor vorbei.

Von Arthez-de-Béarn bis Navarrenx

(Arthez-de-Béarn/Navarrenx, Mittwoch, 10.07.2019)

Es geht westwärts nach Navarrenx.

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Vom zentralen Parkplatz starte ich in den älteren und schöneren Teil von Arthez.

arthez - auswärts
Arthez – auswärts

Am Ortsausgang kommt mir ein Walker entgegen. Er fragt, ob er mich begleiten kann Wir gehen gemeinsam, wobei wir uns auf Englisch unterhalten. Der tägliche gemeinsame Morgenspaziergang mit einem gerade zufällig vorbeikommenden Pilger scheint wohl das Steckenpferd des Ruheständlers zu sein.

Im Laufe des Gesprächs wird ihm bewusst, heute kann es ein Problem mit der Überquerung der Autobahn und des Flusses nach Maslacq geben. Denn die Brücke wird geteert und wird seines Wissens gesperrt.

Es kommt uns Christine entgegen. Auch eine Walkerin! Mit Stöcken unterwegs! Man kennt sich: Bussi links, Bussi rechts! Ich werde vorgestellt. Fast droht das Ritual auch über mich hereinzubrechen.

Christine zerstreut zumindest meine Bedenken. Ja, für Autos ist die Brücke gesperrt. Fußgänger dürfen rüber. Zumindest war es gestern so!

Wir kommen dann zum Auto meines Begleiters und verabschieden uns.

In Argagnon taucht er plötzlich wieder auf. Inzwischen hat er sich erkundigt: Nein, die Brücke sei heute doch für Fußgänger gesperrt. Die Emissionen beim Teeren sind eine Gefahr für die Gesundheit. Aber die Pilger werden in einem Taxi zur nächsten Brücke gebracht, dort übergesetzt und auf der anderen Seite des Flusses und der Autobahn nach Maslacq zurückgefahren. Selbstverständlich kostenlos! Er wird mich jetzt begleiten und sicherstellen, dass das alles klappt.

Gesagt, getan! Wir erreichen den Brückenkopf. Wirklich ein ätzender Teergeruch! Und in der Tat steht dort schon ein Fahrzeug der Baufirma zur Abfahrt bereit.

Ich werde in das Auto gesetzt! Und noch ehe ich mich richtig bedanken kann, erfolgt die Abfahrt. Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Aber er wird mir als Christophorus, der mich übers Wasser gebracht hat, in Erinnerung bleiben.

Maslascq -Transport
Maslacq -Transport

Es geht an der Autobahn entlang fünfzehn Kilometer flussabwaerts. Dann auf der anderen Seite wieder zurück bis zum Pelotafeld in Maslacq. Im Endeffekt habe ich zwei Kilometer gewonnen. Mit Ausnahme der Überfahrt über den Vierwaldstätter See auf einer Fähre die erste Strecke, die ich auf meinem Weg durch Europa nicht zu Fuß gegangen bin!

Maslascq -Pelotafeld
Maslacq -Pelotafeld

Kurz vor Sauvelage mache ich Mittag im Wald auf einem umgefallen Baumstamm ohne zu ahnen, dass es ein paar Meter weiter ein Weingut mit Speis und Trank gibt.

Eine Französin, ein Holländer, ein Österreicher und ein Sachse, mein alter Bekannter mit dem Alaska-Outfit, kommen vorbei. Sie haben es sehr eilig. Aber ein paar Worte lassen zumindest auf die Nationalität schließen.

Im Aufstieg nach Sauvelage schließe ich wieder zu ihnen auf. Sie kehren dort ein. Ich begegne ihnen erst wieder in St.Jean als ich schon wieder auf dem Heimweg bin.

Bis Navarrenx geht es nun ständig auf und ab. Es ist anstrengend. Das Bewusstsein, den Herausforderungen gewachsen zu sein, erfüllt einen aber schon auch mit ein einer großen Zufriedenheit. Bergab fange ich wieder zu joggen an.

Und die unvergesslichen Eindrücke wie in Navarrenx sowieso.