Von St.Privat d’Allier bis Saugues

(St.Privat d’Allier/Saugues, Montag, 19.06.2017)

Wir verbringen eine angenehme Nacht und Aufenthalt auf dem Campingplatz in St.Privat d’Allier. Zunächst verschmäht wegen seiner Schattenlosigkeit kehren wir nach einer längeren Suche nach einem dunkleren Stellplatz zurück. Wir haben keinen solchen gefunden, dafür aber eine Menge atemberaubender Ausblicke in die Schlucht des Allier genossen. Eine Rundfahrt auf der D40 kann ich nur empfehlen. Am späteren Tag  hat auch dieser Platz genügend schattige Fleckchen.

Wir sind nicht die einzigen Gäste, aber die einzigen mit einem Campingvan. Es gibt auch welche mit einem Zelt. Dann gibt es welche ohne Zelt, die im Gras oder im Waschraum nächtigen. Aber alle sind auf dem Jakobsweg.

Ich bin der letzte, der aufbricht. Wieder habe ich ungefähr zwei Stunden mit dem Frühstück verbummelt. Frühstück ist einfach toll! Mit drei Liter Wasser im Rucksack mache ich mich dann auf den Weg nach Saugues.

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Ich werfe noch einmal einen Blick zurück auf das auf einen Felssporn in der Allierschlucht erbaute Wahrzeichen, einer ehemaligen Abtei, und auf die Hochebene des En Valley.

St.Privat mit Abtei
St.Privat mit Abtei

Dann geht es ab in den schattigen Wald. Steine in der Form eines Jakobspilgers gebracht weisen den zunächst ansteigenden Weg in Richtung  Monistrol d’Allier, das aber ein paar hundert Meter tiefer liegen soll.

St.Privat Steine
St.Privat Steine

Steil geht es dann bergab nach Monistrol. Mein Körper erinnert sich an gestern und reagiert auf ein paar hundert Meter unnötige GR65 Umwege mit einer gewißen Unlust und Müdigkeit. Schon nach ein paar Kilometern spüre ich ein alles zu verschlingen drohendes Loch im Bauch, das zu neuer Nahrungszufuhr aufruft, obwohl im Darm Gase zu brodeln beginnen, die überraschend schnell eine Abfuhr von Abbauprodukten nötig machen können. Mit ungewaschenen Pfirsichen kommt mein Verdauungstrakt immer noch nicht klar.

Monistrol
Monistrol

So bummle ich in das um ein Wasserkraftwerk erbaute, verschlafene Monistrol und überquere den Allier  auf der Eiffelbrücke. Ich hätte vielmehr Lust in einem der gerade unter mir durchschwimmenden Raftingboote zu sitzen, als gleich wieder das Gegenufer erklimmen zu müssen.

Von immer tiefer unten klingt das vergnügte Lachen aus den Raftingbooten in der Schlucht ,während ich mich den Pfad durch eine steil abfallende Schieferwand hochschwitze.

St.Privat mit Abtei
St.Privat mit Abtei

Immer intensiver wird die Suche nach einem auch für einen Mittagsschlaf geeigneten Pausenplatz. Dieser wird dann schließlich in einem aufgelassenen Steinbruch zum Abbau eines Vulkankegels gefunden.

Monistrol Vulkan
Monistrol Vulkan

Ich mache dann auch über eine Stunde Mittag. Schlafen kann ich aber nicht. Bis auf zwei Wanderinnen ist in dieser Zeit niemand vorbeigekommen. Wo sind die von gestern alle hingekommen?

Hoch zur Margerite! Weiter mit 500 Höhenmetern auf 5 km! Soviel weiß ich noch!

Kaum gestartet erreiche ich nach zwei Serpentinnen völlig überraschend (wegen mangelnder Vorbereitung) die Felsenkirche von Escluzels.

Monistrol Felskirche
Monistrol Felskirche

Die gesichteten Wanderinnen haben großen Spaß mit dem Wächter des Heiligtums in alter Pilgermontur. Und er offensichtlich auch, wenn er sie zum Posieren für ein Foto in die Arme nimmt. Er stempelt den Pilgerpass, bietet Kerzen für die Marienaltäre und Jakobsmuscheln. Den Preis bestimmt der Käufer. Er scheint dabei nicht schlecht weg zukommen.

Monistrol Felskirche
Monistrol Felskirche

Angenehm kühl ist es in der Kirche. Beim Verlassen schlägt einem die heiße Mittagsluft wie eine Feuerwand entgegen. Der Atem stockt. Über das, was mir jetzt bevorsteht, kann nicht einmal der grandiose letzte Blick über die Schlucht des Allier hinwegtrösten. Freilich brauche ich diesen Trost nicht, weil ich gar nicht richtig weiß, was mir bevorsteht (wegen mangelnder Vorbereitung).

Monistrol Anstieg
Monistrol Anstieg

Steile Treppen zum Dorf Escluzels selbst sind nur der Anfang. Nach Durchquerung geht es für einige Kilometer Serpentine für Serpentine durch den Wald dahinter hoch in das Dorf Monaure auf die Magerite Hochebene.

Da sitzen und liegen sie nun links und rechts des Weges: die vorher nicht gesichteten Pilger mit den Wasserflaschen in den Händen jedes Fleckchen Schatten nutzend.

Mir geht es erstaunlich gut. Meinen Körper habe ich bei Beginn des Anstiegs noch einmal gut gewässert. Allerdings ist von meinen zwei Wasserflaschen nur noch eine halbvoll. Und es soll keine Verpflegungsstellen bis Saugues geben.

Nur ist eine dieser Nordic Walking Pilgerinnen mit den klickenden Stöcken kurz hinter mir. Auf Teufel komm raus müssen sie überholen.

Meine psychische Disposition lässt das noch nicht zu, und so stemme ich meine 118 kg mit einer Geschwindigkeit den Berg hoch, die zumindest den Abstand nicht geringer werden lässt: immer in der Hoffnung, sie setzt sich bei der nächsten Serpentine auch in den Schatten. Tut sie aber nicht.

Wenn ich anscheinend gelangweilt zurückschaue, glaube ich mich fast von einem Sarazenen in der Wüste verfolgt mit dem um den Kopf und dem Gesicht zum Schutz gegen die Sonne gewundenen schwarz-grau-kariertem Tuch, aus dem nur die schwarz glänzenden Gläser der Sonnenbrille hervorstechen.

Und ausgerechnet bei der letzten Serpentine kommt sie dann doch nicht an dem zum gemütlich verweilenden einladenden Baumstumpf vorbei. Kein Ticken mehr!

Ich muss trinken und leere meine Wasservorräte. Ich werde es schon bis Sausages aushalten!

Beim Eingang nach Monaure sehe ich einen Wasserhahn an einem Haus. Und ich bin tatsächlich kurz davor, über den Zaun zu springen, um meine Vorräte aufzufüllen. Doch meine Not ist noch nicht groß genug!

Dann geht es schon wieder bergauf. Oben eine große Menschenmenge! Was ist denn hier los?

Die Ursache ist ein kleines verchromtes Knöpfchen mit einem blauen Punkt. Drückt man drauf, kommt frisches Wasser raus! Es war nie so wertvoll wie heute.

Es ist noch ein ganzes Stück in der heißen Sonne bis Sausages. Doch allein die Gewissheit, genügend Wasser zur Verfügung zu haben, beflügelt. Mein Strohhut liefert genügend Schatten.

Die Pilger tröpfeln langsam in das Dorf, um das bis vor 250 Jahren das Biest von Gevaudan wütete. Jetzt bin ich hier und bewundere erst einmal die eigenartigen Skulpturen, die einem schon das Gefühl geben, an einem etwas anderem Ort zu sein!

Saugues Skulpturen
Saugues Skulpturen