Von Le Pech bis Cahors

(Le Pech/Cahors, Dienstag, 05.06.2018)

In der Nacht schüttet ein Wolkenbruch seine Wassermassen auf unseren Steinbruch mit dem darin parkenden Campingbus aus. Plötzlich fangen Frösche in ihren Pfützen vor Freude zu quaken an: das feuchte Nass schützt sie wieder für ein paar Tage vor dem Austrocknen. Ganz anders sieht das meine Begleiterin. Sie glaubt, wir stünden in einem See und werden nun mit unserem Auto jämmerlich absaufen.

Am Morgen wache ich auf und das Fahrzeug ist weder überflutet oder irgendwo hingeschwommen. Stattdessen plappert sie nun wie ein Wasserfall zum Adrenalinabbau .

Zum Tagesziel Cahors ist es nicht zu weit und ich warte deshalb mit dem Abmarsch fast bis um Mittag auf eine Wetterbesserung. Dabei schaue ich den Pilgerkollegen zu wie sie in ihren Regenmänteln vorbeischleichen.

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Dann geht es los und raschen Schrittes hole ich viele wieder ein. Sie wissen genau, dass ich „Der mit dem Campingbus“ bin und werfen mir in ihrer jeweiligen Muttersprache, meinen zu kleinen Rucksack vor. Es ist so einfach, Menschen zu beeindrucken. Sie werden sich wahrscheinlich ihr Leben lang an mich erinnern.

Beim Sportplatz Flaujac-Poujols öffnet der Himmel wieder seine Pforten und lässt Kirsch große Wassertropfen auf die Erde prasseln. Im Gegensatz zu den meisten anderen habe ich keine Regenhaut und brauche auch keine. Mir ist es egal, ob ich vom Schwitzen oder von den Niederschlägen tropfe. Hauptsache es bleibt warm!

Ganze Bäche umspülen meine Knöchel beim Aufstieg auf die Hochebene von Cahors, auf der es gilt, tiefe Pfützen zu umschiffen. Gott sei Dank ist hier der Untergrund meist steinig. Mir reichen schon die vereinzelten sumpfigen Stellen.

Vor dem Abstieg hat der Himmel dann doch ein Einsehen und der Regen stoppt. Aber jeder Schritt tut weh! Die doch etwas ausgekühlten Oberschenkel brennen. Die jetzt feuchte Haut der aufgestochen Wasserblasen samt Tape flutscht zwischen nassen Socken, Schuh- und Fußsohle. Der tolle Ausblick auf Cahors erheitert nur bedingt.

Aber bald ist es geschafft! Eine Lust auf eine Stadtbesichtigung habe ich heute trotzdem nicht mehr.

Von Concots bis Le Pech

(Concots, Le Pech, Montag, 04.06.2018)

Ein weiteres Beispiel für das Thema „Wie findet man den längsten Weg zwischen zwei Orten auf der Erdoberfläche?“ ist die heutige Etappe von Coconots nach Le Pech: man gehe einen Bogen. Dabei ist Le Pech eigentlich keine Ortschaft sondern eine Ansiedlung französischer Neureicher nahe dem Bauerndorf Laburgade. Es hat aber eine Gite und taucht deshalb wie eine Weltstadt in meinem Wanderführer auf. Die Entfernung dorthin passt zufällig in mein Tageskilometerschema.

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Eine weitere Strategie zur Verlängerung ist das Wegleiten von geteerten Straßen. Immer wenn man auf eine solchen trifft, nehme man den nächsten Abzweig nach links oder rechts im rechten Winkel für ein paar hundert Meter in den Wald und laufe parallel. Wer glaubt, dies diene einem besonderen Erlebnis, irrt. Es geht nur darum, die Teerdecken for Abnutzung zu schützen. Dies passt zumindest zur Beobachtung, dass auffällig wenige Autos auf ihnen unterwegs sind und wahrscheinlich auch umgeleitet werden. Den Fahrzeugen der französischen Post begegne ich immer nur auf Hohlwegen.

Immerhin komme ich so in die Nähe von Bach, wo es wieder auf die Hauptroute des Jakobsweg zurückgeht. Plötzlich sind da wieder Pilger! Ich bin wieder zu Hause!

Ich bin guten Schrittes unterwegs und komme auf der flachen Strecke schnell nach Le Pech, besser gesagt an einen aufgelassenen Steinbruch an einem kleinen Bach unterhalb ein paar Häusern, die sich so nennen. Dort steht auch schon der Campingbus, dessen Fahrerin mich darauf hinweist, dass ich schon am Tagesziel angekommen bin. Weiß der Teufel wie sie hierher gefunden hat.

Da die Häuserbesitzer auf dem Berg eifersüchtig ihr Eigentum mit Zäunen markieren und keine freien Flächen lassen, schlagen wir unser Nachtlager am Zugang zum Steinbruch auf, wo wir zur Attraktion für die Passanten werden. Einen Campingbus in diesem Steinbruch sieht man nicht alle Tage.