Von Larribar bis Saint Jean Pied de Port

(Larribar/Saint Jean Pied de Port, Freitag, 12.07.2019)

Heute ist die Abschlußetappe 2019 angesagt. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht!

Ich will aber nicht ganz bis Saint Jean Pied de Port, sondern nur bis Saint Jean le Vieux. Die finalen Kilometer mit triumphalen Einzug am Zielort will ich mit meinem Scout, Coach, Herbergsmutter und Ehefrau morgen gemeinsam erleben.

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Unserem Übernachtungsplatz gegenüber auf der andereren Talseite zieht sich eine hohe Hügelkette hin. Ich wundere mich schon die ganze Zeit, warum die Jakobsroute nicht dort hinaufführt. Wie kann man den Pilgern nur die tolle Aussicht und die direkte Begegnung mit den weidenden Milchkühen vorenthalten?

So geht es los den Wegweisern folgend nach Larribar. Nach einiger Zeit zeigen sie in die Richtung, aus der ich gekommen bin. So etwas wie ein Dorf habe ich allerdings nicht wahrgenommen. Da waren nur vereinzelte Gehöfte mit einer eigenen Kirche. Da war ein großes Feuerwehrhaus mit einem großen Parkplatz, aber kaum einmal zwei Häuser nebeneinander.

Ich bin aber auf dem richtigen Weg, da ich im Talgrund angekommen eine vierbogige Brücke überquere wie im Reiseführer angekündigt und auch schon auf Wegweiser zum Stein von Gibraltar treffe.

Ich komme auch nach einem Anstieg in ein Dorf. Nur führen die nun überdimensionalen Wegweiser zum Stein von Gibraltar wieder zurück. Da war zwar ein feuchter bemooster Steinblock. Das wird doch nicht das Weltkulturerbe am Zusammenschluß von drei Jakobswegen gewesen sein?

Thema abgehackt!

Dafür tut sich jetzt der steinige Prozessionsweg zur Chapelle de Soyaraza auf, der schnurstracks auf eine karge unbewaldete Rampe hochführt. Da oben werde ich auch die lang erwartete einmalige Aussicht haben. Ein wirklich charismatisches Plätzchen zum Innehalten!

Runter geht es über ausgewaschene Wege. Ein Orientierungsläufer kommt mir im Laufschritt bergauf entgegen. Grund genug bis nach Ostabat-Asme es ihm zumindest bergab gleich zutun.

Ostabat-Asme

Mittagspause im Van auf der schattigen Seite der Kirche mit Aufnahme von literweise Apfelschorle und der Vertilgung von einigen Nektarinen.!Abschließend ein kleines Schläfchen!

Nach dem Aufwachen geht es neben und auf der der D933 bis Gamarthe. Wenn der hier produzierte Käse nur halb so gut schmeckt wie es hier übel richt, dann muss er schon ganz außergewöhnlich sein.

Bei Montgelos führt die Route weg von der D933 in die Botanik. Der Schrecken vor neuen Panoramawegen ist bis Saint-Jean-le-Vieux nicht gerechtfertigt.

Kurz vor der Ortschaft muss ich jedoch noch einmal die Schlagzahl erhöhen, um nicht von einer sich nähernden Pfadfindergruppe im Eilmarsch überholt zu werden.

Kein Problem!

In Saint Jean le Vieux belohne ich mich mich zwei Magnum und weiteren kalten Apfelschorle im ersten Supermarkt seit Menschengedenken bevor es dann zum Van hinter der Schatten spendenenden Mauer der örtlichen Turnhalle zur abendlichen Sitzweil geht mit Ausblick auf die vorbeiziehenden Pilgerscharen.

Wir finden genügend Gründe, das Konzert eines baskischen Männerchores in der örtlichen Kirche ausfallen zu lassen. Nach dem Massenauflauf auf dem Parkplatz zu schließen muss dies aber etwas ganz besonderes gewesen sein.

Am Samstagmorgen wollen wir nicht zu früh die letzten paar Kilometer nach Saint Jean Pied de Port, um wirklich den Pilgertrubel dort zu erleben. Trotzdem ist noch nicht zu viel los als wir ankommen. Jede Minute dort wird es jedoch hektischer.

Saint Jean Pied de Port – Eingangstor

In dem Ort dreht sich alles um den Jakobsweg, vom Tourismuszentrum mit dem Ankunfszentrum bis zu den Souvenirshops und der Gastronomie.

Kurz vor Mittag sind wir durch und es wäre jetzt Zeit für den feierlichen Abschlußschmaus. Aber Mittag ist nicht vor Mittag und kein Restaurant bietet jetzt schon Speis und Trank. Nicht mal bei McDonald gibt es jetzt einen BigMac!

Saint Jean Pied de Port -Ausgangstor

So besichtigen wir die Stadtmauer schon jetzt…

… so nehme ich mit Bedauern zur Kenntnis, das nächste Pelotaspiel findet erst am Sonntag um 17:00 statt …

SJPdP-pelotas
Saint Jean Pied de Port – Pelotas

… so finde ich einen Wegweiser nach Santiago de Campostella. Es sind noch 775 km …

Kilometers To Go

Aber es ist immer noch vor Mittag.

Wir gehen zurück nach Sain Jean de Vieux.

Auf dem Rückweg sehen wir alte Bekannte: die Gruppe mit der dominanten Französin und dem Sachsen im Alaskaoutfit, den Schreiner mit den dünnen Füßen, der sich sich vom Pädagogikstudenten getrennt hat.

Bei Ankunft ist es kurz nach Mittag und wir bekommen etwas zu essen.

Dann geht es auch schon ab nach Hause. Bis zum nächsten Jahr an gleicher Stelle!

Von Navarrenx bis Larribar

(Navarrenx/Larribar, Donnerstag, 11.07.2019)

Kaum ist es hell, verlasse ich Navarrenx durch die Festung. Ich genieße die Stille in der noch schlafenden Stadt.

Aroue ist angepeilt. Es werden dann aber doch wieder ein paar Kilometer mehr bis Larribar.

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Eben und auf festem Untergrund geht es unter dem Dach von Eichenwäldern in der angenehmen Morgenkühle dahin. Die Bäume durch Buchen ersetzt könnte ich mich in irgendeinem Wald zuhause befinden.

Nach circa zwei Stunden geht es leicht aufwärts nach Daguerre. Dort ist ein Betrieb, in dem Konserven mit den regionalen Erzeugnissen abgefüllt werden. Für die Jakobspilger ist dort eine Hütte mit kostenlosen Kaffee. Ideal für eine Pause!

Ein paar Konserven werden günstig zum Verkauf angeboten. Ich greife zu einer mit Leberpastete und einem Überraschungspaket mit phantasievollem französischem Namen, aber ohne Ahnung über den Inhalt. Mein Coach wirft mir später verantwortungsloses Handeln vor, da ich Gänseleberpastete von geschundenen Tieren erworben habe.

Bei Charre haben wir dann mal wieder eine Umleitung. Die D23 darf nicht direkt überquert werden. Ohne zunächst ersichtlichen Grund sind einige Meter durch eine Unterführung in Kauf zu nehmen.

Später weisen niedergelegte Blumensträuße auf der anderen Seite auf einen offensichtlich tödlichen Unfall hin. Für die französischen Behörden folgt: „Wanderer weg von den Autos“. Das macht so manche Wegführung plausibel!

Bis kurz vor Aroue geht das Konzept auch auf. Dann heißt es erhöhte Vorsicht auf der D11!

Mein Wanderführer präsentiert die Ortschaft als Verpflegungspunkt mit einer Kirche, in der der heilige Jakob die christliche Wahrheit heldenhaft mit den Schwert verbreitet. Diese nicht zeitgemäße Darstellung wäre schon einen Besuch wert!

Wohl dem der einen Scout hat, der vorher feststellt, das einzige Lebensmittelgeschäft im Ort hat aufgegeben und die Kirche ist geschlossen. Nur um ein paar Meter mehr zu gehen, werde ich nicht in die Ortschaft aufsteigen.

Ein wandernder Schreiner und Pädagogikstudent auf der Suche nach dem wirklichen Leben droht damit fast der Hungertod. Wer weiß, was geschehen wäre, hätte nicht Roswitha all unsere Vorräte an Baguette, Käse, Salami, Tomaten, Gurken, Äpfel wie der heilige Martin mit ihnen geteilt.

Stattdessen biege ich beim Château de Joantho ab und bleibe gleich auf der neuen Route. Seltene Verkehrsereignisse bewirken Überraschungeffekte mit hektischer Betriebsamkeit.

Der Aufstieg selbst wird aber nur ein paar Kilometer nach Westen verschoben. Dafür kommt man dann auf eine eine Hochebene mit Nullverkehr aber erhöhter Sonnenexponiertheit und tollem Blick auf die Pyrenäen.

Für heute bin ich dann auch genug gegangen. Irgendwo auf dem Gemeindegebiet von Larribar-Sorhapuru ist dann Schluß. Ein Ortsmittelpunkt kann nicht gefunden werden!

Der Van parkt an einer Straße bis zum nähstem Morgen. Genau zweimal fährt ein Traktor vorbei.