Von Diepoldsau bis Appenzell

(Diepoldsau/Appenzell, Sonntag, 02.10.2011)

Am Sonntagmorgen starte ich bei dichtem Nebel von Diepoldsau nach Appenzell. Mit dem Pass Stoss wartet ein steiler Aufstieg aus dem trüben Rheintal in die sonnige Höhe. Der allmähliche Wetterübergang verleiht dem heutigen Unternehmen eine ganz besondere Note.

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Doch bis dahin dauert es noch eine Weile. Zunächst einmal muss der Rhein überquert werden.

Ich habe mich immer gefragt, warum frühere Pilgergenerationen nicht den geraden Weg vom Pfänder nach Einsiedeln durch das Rheintal wählten, sondern den vermeintlichen Umweg über Rohrschach gingen. Dazu wären Brücken notwendig gewesen. Und die gibt es noch gar nicht lange. Und es sind jede Menge große und kleine Brücken über jede Menge Gräben und Kanäle, die ich begehe. Mühsam war es und ist es den Rhein zu zähmen.

Vor Altstätten tritt nun nicht nur die Sonne immer stärker aus dem Dunst, sondern auch ein besonderer Baum des Lebens taucht inmitten des Hofes einer Schrotthandlung am Ortseingang aus ihm hervor.

Altstätten selbst hält seinen Wochenendschlaf. Ausgerechnet große Teile der einheimischen Gastronomie schließen ihre Pforten von Samstagmittag (oft auch schon Freitagabend) bis mindestens Montag (oft auch bis Dienstag). Aber eingewanderte Türken schließen die Lücke und sorgen mit Kebab dafür, dass ich bei Kräften bleibe. So kann ich auf dem Weg zum Stoss getrost einen Blick zurück auf den Ort unter der sich auflösenden Schlafdecke werfen.

Kaum kommt die Sonne hervor, bin ich auch schon wieder froh über jedes Stückchen kühlenden Schatten. Der Schweiß läuft im Strömen! Mit der Zahnradbahn hingegen wäre alles ganz einfach! Ein paar Mal hätte ich zusteigen können!

Beim wunderschön alten Wirtshaus am Stoss trinke ich zwei Süßmost mit Mineralwasser wie die Wirtin das Apfelschorle nennt: „Damit wir uns auch recht verstehen.“

Der Rest ist dann Postkartenromantik pur. Es grüßt der Säntis. Über grüne Wiesenpfade beobachtet von wahrscheinlich gar nicht so dummen, gelassen grasend oder wiederkäuenden Kühen geht es an Gais vorbei in das schon im Schatten der tief stehenden Abendsonne liegende Appenzell. Es fehlte nur noch das Alphorn und der Jodler von der Höhe.

Vom Pfänder bis Diepoldsau

(Pfänder/Diepoldsau, Samstag, 01.10.2011)

Der Bodensee ist in dicken Dunst gehüllt als ich mit der Bahn in Bregenz ankomme. Die Herbstsonne hat es heute schwer den Schleier in den unteren Regionen noch einmal aufzulösen. Mit der Pfänderbahn kehre ich dann den Endpunkt meiner Frühjahrstour zurück. Dort ist man heute über den Wolken bei schönstem Bergwetter.

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Nicht den Spuren eines offiziellen Jakobweges folgend steige ich auf eigener Route nach Süden durch den herbstenden Bergwald über Fluh und Klemmbach in das Rheintal ab. Das gute Wetter und die besonderen Aussichten über die Nebel heben die Stimmung.

Spätestens in Lauterach tauche ich wieder in den Dunst. Der minimiert zunehmend die Sicht auf die Höhen und damit Funfaktor.

Bis zur Holzbrücke über die Dornbirner Ach auf der Straße zu gehen, entpuppt sich als Fehlentscheidung. Denn trotz Höhen-, Breiten- und Gewichtsbegrenzung scheint dies der bevorzugte Verbindungsweg der Lustenauer und Dornbirner zu sein. Ich flüchte mich deshalb auf die benachbarten Wiesen, die von unangenehm breiten Entwässerungsgräben durchzogen sind und mein alterndes Sprungvermögen strapazieren.

Nach langer Zeit und einer Anzahl österreichischer landwirtschaftlicher Massenproduktionsstätten ist das schweizerische Diepoldsau wieder die erste menschliche Ansiedlung. Ich bin froh, dass ich mein Hotel Rössli gleich kurz nach dem Grenzübergang Schmitter finde.

Ich habe Hunger und beschließe noch vor der Körperpflege zu speisen.

Metzgete wird beworben. Im Gegensatz zur bayerischen Schlachtschüssel sind hier die Bestandteile wie Blut-, Leberwurst und Backen nur separat zu erhalten. Ich begnüge mich dann mit einem Wädli und Rösti. Mein Appetit hätte durchaus aber noch Schnüfli und Züngli zugelassen.

Druck im Magen und ständiger Flüssigkeitsbedarf beherrscht die Nachtruhe.