Via Bavaria

Am Neujahrstag 2011 starte ich mit guten Vorsätzen von Riedenburg, dem Anfang der Welt, zum Pfänder am Bodensee durch das südwestliche Bayern mit den ersten siebenzehn Etappen zum Ende der Welt.

In Tageswanderungen mit täglicher Anreise/Abreise zum/vom Start/Ziel gelange ich von Dahoam bis nach Augsburg.

Mit zunehmender Entfernung erweist sich dies nicht mehr als praktikabel. Zentral von Augsburg nehme ich daher die täglichen Strecken bis Türkheim unter die Füße.

Ab Türkheim bis Bregenz übernachte ich für eine Woche an meinem jeweiligen Zielort. Nicht nur das Ankommen, sondern das Verbleiben verstärkt das Erlebnis ungemein.

Vom Pfänder bis Diepoldsau

(Pfänder/Diepoldsau, Samstag, 01.10.2011)

Der Bodensee ist in dicken Dunst gehüllt als ich mit der Bahn in Bregenz ankomme. Die Herbstsonne hat es heute schwer den Schleier in den unteren Regionen noch einmal aufzulösen. Mit der Pfänderbahn kehre ich dann den Endpunkt meiner Frühjahrstour zurück. Dort ist man heute über den Wolken bei schönstem Bergwetter.

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Nicht den Spuren eines offiziellen Jakobweges folgend steige ich auf eigener Route nach Süden durch den herbstenden Bergwald über Fluh und Klemmbach in das Rheintal ab. Das gute Wetter und die besonderen Aussichten über die Nebel heben die Stimmung.

Spätestens in Lauterach tauche ich wieder in den Dunst. Der minimiert zunehmend die Sicht auf die Höhen und damit Funfaktor.

Bis zur Holzbrücke über die Dornbirner Ach auf der Straße zu gehen, entpuppt sich als Fehlentscheidung. Denn trotz Höhen-, Breiten- und Gewichtsbegrenzung scheint dies der bevorzugte Verbindungsweg der Lustenauer und Dornbirner zu sein. Ich flüchte mich deshalb auf die benachbarten Wiesen, die von unangenehm breiten Entwässerungsgräben durchzogen sind und mein alterndes Sprungvermögen strapazieren.

Nach langer Zeit und einer Anzahl österreichischer landwirtschaftlicher Massenproduktionsstätten ist das schweizerische Diepoldsau wieder die erste menschliche Ansiedlung. Ich bin froh, dass ich mein Hotel Rössli gleich kurz nach dem Grenzübergang Schmitter finde.

Ich habe Hunger und beschließe noch vor der Körperpflege zu speisen.

Metzgete wird beworben. Im Gegensatz zur bayerischen Schlachtschüssel sind hier die Bestandteile wie Blut-, Leberwurst und Backen nur separat zu erhalten. Ich begnüge mich dann mit einem Wädli und Rösti. Mein Appetit hätte durchaus aber noch Schnüfli und Züngli zugelassen.

Druck im Magen und ständiger Flüssigkeitsbedarf beherrscht die Nachtruhe.

Von Simmerberg bis Pfänder

(Simmerberg/Pfänder, Samstag, 07.05.2011)

Ab und zu durch veredelnde Attribute ergänzt haben traditionelle Gasthäuser im Allgäu im Grunde nur drei Namen: Adler, Kreuz, und Krone. Am Montag und Mittwoch übernachtete ich in einem Goldenen Kreuz, am Donnerstag in der Weitnauer Krone, vom gestrigen Freitag auf heute in der Simmerberger Krone.

Von dort breche ich zur Abschlussetappe auf den Pfänder auf.

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In Weiler folge ich den Jakobsweisern. Überraschenderweise führen die aber vom Pfänder weg. Ich weiß nicht wohin. Aber nach einem Kilometer beschließe ich, schnellstmöglich wieder auf meine vorgeplante Route zurückzukehren. Schöne Bergwiesen mit einem bunten Blumenteppich sowie plastische Ausblicke in die immer näher kommenden Alpen mit immer noch schneebedeckten Gipfeln und Graten kompensieren die paar Kilometer Umweg.

In Scheidegg sehe ich dann wieder einen Jakobsweiser. Er zeigt in die Richtung aus der ich komme. Dorthin will ich nicht, sondern ins Scheidegger Zentrum zu einer Pizza Calzone mit einem gemischten Salat. Dazu zwei Apfelschorle! Meinen Körper dürstet es nicht mehr nach Weißbier, ein Wunder ist geschehen.

Mit vollem Magen geht es auf den Pfänderhöhenweg. Vor einem Hungerast brauche ich mich heute nicht zu fürchten. Doch mein Körper erinnert sich daran, dass ich gestern um die gleiche Zeit ein Mittagsschläfchen hielt. „Heute nicht, mein Lieber. Das Ziel ist nah.“

In der Ferne grüßt der Säntis. Vereinzelt geben lichte Stellen im Wald schon den Blick auf den Bodensee im dicken Dunst frei. Böiger Wind kommt auf. Schwarze Wolken bedecken den Himmel. Ab und zu spüre ich Regentropfen. Sollte ich so kurz vor dem Ziel doch noch eine Dusche abbekommen?

Auf jeden Fall nicht mehr in Bayern, dann schon in Voralberg! Dass Niederschläge notwendig sind, zeigt die wunderwirkende Quelle an der Ulrichskapelle, die nur ab und zu einen Tropfen fallen lässt. Wie sollen all die Augenkrankheiten gelindert werden, wenn sie versiegt?

Ab Möggers geht es in stetem Bergauf und Bergab dem Pfänder zu. Der Wunsch, endlich anzukommen, ist größer als die schönsten Ausblicke links und rechts zu genießen.

Und dann stehe ich in einem aufkommendem Sturm ganz alleine auf dem Pfänder. Alle Touristen haben sich schon verkrochen. Ich will aber das Ankommen wenigstens einige Minuten genießen. Zweitrangig ist, dass vom Bodensee fasst nichts zu sehen ist. Bregenz ist noch zu erkennen, Lindau nur noch schemenhaft zu erahnen.

Zufrieden steige ich ab zur Bergstation der Pfänderbahn. Bei der Talfahrt beginnt es zu regnen. An der Talstation schüttet es. Noch einmal Glück gehabt!

Hier wird es irgendwann nach einer Bergfahrt durch die Schwiez weitergehen! Vielleicht im Herbst! Vielleicht nächstes Jahr!

Von Türkheim nach Wörishofen

(Türkheim/Wörishofen, Sonntag, 01.05.2011)

Schluß mit Tagespilgern! Endlich geht es richtig los! In dieser Woche von Bad Türkheim auf dem Rest des Augsburger und dann dem Münchener Jakobsweg bis nach Bregenz an den Bodensee.

Um mich an meinen neuen großen Rucksack zu gewöhnen und die Stadt von Pfarrer Kneipp in Ruhe besichtigen zu können, belasse ich es an diesem schönen Sonntag bei Bad Wörishofen.

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Vom letzten Etappenziel in Türkheim an der Uferstraße laufe ich an der Wertach entlang vorbei an schon gemähten Wiesen mit duftendem Heu zum Wörishofener Stausee. Der scheint noch nichts vom Frühling mitbekommen zu haben, der Segelbetrieb liegt in jedem Fall brach. Dafür steht der Raps in voller Blüte.

Zum Abschluss dann Kurbetrieb in Wörishofen mit überfüllten Cafes und sogar einem Kurkonzert. Und das alles dank eines Pfarrers!