Von Arthez-de-Béarn bis Navarrenx

(Arthez-de-Béarn/Navarrenx, Mittwoch, 10.07.2019)

Es geht westwärts nach Navarrenx.

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Vom zentralen Parkplatz starte ich in den älteren und schöneren Teil von Arthez.

arthez - auswärts
Arthez – auswärts

Am Ortsausgang kommt mir ein Walker entgegen. Er fragt, ob er mich begleiten kann Wir gehen gemeinsam, wobei wir uns auf Englisch unterhalten. Der tägliche gemeinsame Morgenspaziergang mit einem gerade zufällig vorbeikommenden Pilger scheint wohl das Steckenpferd des Ruheständlers zu sein.

Im Laufe des Gesprächs wird ihm bewusst, heute kann es ein Problem mit der Überquerung der Autobahn und des Flusses nach Maslacq geben. Denn die Brücke wird geteert und wird seines Wissens gesperrt.

Es kommt uns Christine entgegen. Auch eine Walkerin! Mit Stöcken unterwegs! Man kennt sich: Bussi links, Bussi rechts! Ich werde vorgestellt. Fast droht das Ritual auch über mich hereinzubrechen.

Christine zerstreut zumindest meine Bedenken. Ja, für Autos ist die Brücke gesperrt. Fußgänger dürfen rüber. Zumindest war es gestern so!

Wir kommen dann zum Auto meines Begleiters und verabschieden uns.

In Argagnon taucht er plötzlich wieder auf. Inzwischen hat er sich erkundigt: Nein, die Brücke sei heute doch für Fußgänger gesperrt. Die Emissionen beim Teeren sind eine Gefahr für die Gesundheit. Aber die Pilger werden in einem Taxi zur nächsten Brücke gebracht, dort übergesetzt und auf der anderen Seite des Flusses und der Autobahn nach Maslacq zurückgefahren. Selbstverständlich kostenlos! Er wird mich jetzt begleiten und sicherstellen, dass das alles klappt.

Gesagt, getan! Wir erreichen den Brückenkopf. Wirklich ein ätzender Teergeruch! Und in der Tat steht dort schon ein Fahrzeug der Baufirma zur Abfahrt bereit.

Ich werde in das Auto gesetzt! Und noch ehe ich mich richtig bedanken kann, erfolgt die Abfahrt. Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Aber er wird mir als Christophorus, der mich übers Wasser gebracht hat, in Erinnerung bleiben.

Maslascq -Transport
Maslacq -Transport

Es geht an der Autobahn entlang fünfzehn Kilometer flussabwaerts. Dann auf der anderen Seite wieder zurück bis zum Pelotafeld in Maslacq. Im Endeffekt habe ich zwei Kilometer gewonnen. Mit Ausnahme der Überfahrt über den Vierwaldstätter See auf einer Fähre die erste Strecke, die ich auf meinem Weg durch Europa nicht zu Fuß gegangen bin!

Maslascq -Pelotafeld
Maslacq -Pelotafeld

Kurz vor Sauvelage mache ich Mittag im Wald auf einem umgefallen Baumstamm ohne zu ahnen, dass es ein paar Meter weiter ein Weingut mit Speis und Trank gibt.

Eine Französin, ein Holländer, ein Österreicher und ein Sachse, mein alter Bekannter mit dem Alaska-Outfit, kommen vorbei. Sie haben es sehr eilig. Aber ein paar Worte lassen zumindest auf die Nationalität schließen.

Im Aufstieg nach Sauvelage schließe ich wieder zu ihnen auf. Sie kehren dort ein. Ich begegne ihnen erst wieder in St.Jean als ich schon wieder auf dem Heimweg bin.

Bis Navarrenx geht es nun ständig auf und ab. Es ist anstrengend. Das Bewusstsein, den Herausforderungen gewachsen zu sein, erfüllt einen aber schon auch mit ein einer großen Zufriedenheit. Bergab fange ich wieder zu joggen an.

Und die unvergesslichen Eindrücke wie in Navarrenx sowieso.

Von Pimbo bis Arthez-de-Béarn

(Pimbo/Arthez-de-Béarn, Dienstag, 09.07.2019)

In der Nacht gibt es mehrere Gewitter mit starkem Regen. Es ist etwas kühler als die Tage zuvor, aber durchaus angenehm.

Das Gebiet hier wird im wesentlichen nach Nordwest entwässert während ich mich nach Südwest bewege. Das lässt auf eine kupierte Etappe mit einigen Taldurchquerungen schließen. Eigentlich will ich nur bis Pomps, dann nur bis Castillion, und am Schluss schaffe ich mit Arthez-de-Béarn meine längste Strecke auf dem Jakobsweg.

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Auf nassen Straßen geht es gleich einmal von Pimbo steil bergab. Der ein oder andere abgebrochene Ast liegt auf der Straße. Der Bach im Tal ist angeschwollen mit lehmigen Wasser. Nach ungefähr einer Stunde bin ich in Arzacq-Araziguet.

Arzacq-Arraziguet
Arzacq-Arraziguet

Ich entledige ich mich einiger Steine in meinen Schuhen. Und weiter geht es!

Mittagspause ist in Louvigny, weil sich hier eine relativ bequeme Gelegenheit zum Sitzen an einer Art Tiertränke bietet. Vielleicht auch deshalb, weil die Umgebung meinen heimatlichen Gefilden ähnelt.

Der erschöpfte Kollege aus Lecture kommt vorbei. Sieht diesmal besser aus! Ob in der Hitze bei fast vierzig Grad oder in der momentanen Kühle bei zwanzig Grad, sein Outfit ist immer gleich! Immer lange Hose! Er ist deutsch, ich bin deutsch. Das wissen wir aber nicht. Deshalb bleibt es bei einem freundlichen Lächeln mit „Beaujour“.

Später hole ich ihn in Fichous-Ríoumayou wieder ein. Beim Auffüllen meiner Wasservorräte im dortigen Friedhof sitzt er rastend auf einer Steinbank am Leichenhaus.

In Larreule gibt es eine Gite d’Etape. Diese ist zwar noch geschlossen, aber man hat Zugang zu einem Getränkeautomat.

Die angebotene Orangensaftlimonade ist jetzt kostenpflichtig und auch teurer als beim Fachwerkhaus. Die guten Erfahrungen lassen aber gleich zwei Dosen des Gemisches in mich hineinstürzen. Die Wirkung ist verblüffend! So muss sich Asterix nach Vereinnahmung des Zaubertrangs von Miraculix gefühlt haben!

Locker geht es voran. Mein Coach kommt mir entgegen. Sie hat das Auto in Uzan abgestellt, um mit mir die letzten Kilometer zu gehen.

Unterwegs entdeckt sie eine in Folie geschweißte Landkarte mit akribischen Notizen über den örtlichen Jakobsweg. Zettel sind angeheftet mit detaillierten Beschreibungen aller Kirchen und den Besonderheiten ihrer Figuren. Das nenne ich Planung! Ein großer Verlust für den Besitzer!

Da irrt auch schon eine offensichtlich suchende Gestalt in der Ferne. Meine Begleiterin winkt mit der Karte. Ein in hundert Meter Entfernung merkbares frohes Lächeln vertreibt die Verzweiflung aus dem Gesicht des Suchenden.

Wahres Glück!

Gemeinsam gehen wir nach Uzan. Dort zweigt er in die Kapelle ab, um im stillen Gebet für das Auffinden der Utensilien zu danken.

Eigentlich habe ich mein Soll für heute abgespult. Aber es ist noch früh und ich fühle mich mich noch fit für ein paar Kilometer. Castillion soll nun das Ziel sein. Steil geht es dort bergauf zur Wallfahrtskirche. Macht mir aber wenig aus! Ich bin sehr zufrieden mit mir! Deshalb nehme ich noch die Herausforderung Arthez-de-Béarn an.

Wieder steil nach unten, um dann wieder in einem obligatorischem langen Umweg noch steiler nach oben zu müssen. Was akzeptiere ich nicht alles, um einen alten Ritter in voller Rüstung auf einem alten Sarkophag in einer alten romanischen Kirche in einem aufgelassenen Friedhof mit Eau potable zu bewundern?

Noch ein paar Kilometer geht es auf einer vielbefahrenen Straße neben Autos durch ein langweiliges Wohngebiet bis in die Mitte von Arthez. Immerhin sehe ich zum ersten Mal die Pyrenäen!

Eigentlich bin ich immer noch ganz gut drauf! Aber das soll es dann für heute gewesen sein.