Von Zubiri nach Pamplona

(Zubiri/Pamplona, Dienstag, 08.09.2020)

Eine Erholungsstrecke soll es heute von Zubiri nach Pamplona nach dem Wanderführer meiner Wahl sein. Tatsächlich führt Weg meist nur leicht kupiert auf gutem Belag fast immer dem Agra lang zum Ziel. Allerdings nur meist und fast immer!

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Erholt bin ich trotzdem nicht, als ich in Pamplona eintreffe. Die Menge Ampeln auf den letzten Kilometern nerven gewaltig. Und alles unter der Maske!

So geht es noch schnell durch das Frankentor und das Rathaus zum „Verlieben“ zur Kathedrale. Allerdings besichtige ich letztere nicht wegen gesalzener Eintrittspreise. Trotzdem soll das am Abend bei einem kleinen Stadtbummel nachgeholt werden.

Noch sind es hunderte harter und doch unvergesslicher Meter mit übersäuerten Muskeln bis zur fahrbaren Hütte auf dem Wohnmobilstellplatz. Die schmucklose Infrastruktur zur alljährlichen Stierhatz im Juli verschantelt das Stadtbild. Was der Mensch so alles für sein Gaudium auf die Straßen stellt?

Aus dem abendlichen Bummel wird nichts. Irgendwann ist Schluss mit Gehen! Es ist so schnuckelig in unserer kleinen Hütte mit gutem Essen, Trinken, Füße-Hochlegen und Ausblick auf das Schauspiel der Fast-Zusammenstöße in einem Kreisverkehr mit Mimik und Gestik der Machos hinter dem Lenkrad.

Selbst die um die Gunst der pubertierenden Französinnen aus dem Nachbarvan balzende männliche spanische Stadtjugend mit Skateboardvorführungen auf der stählernen Auffahrtrampe zum Kassenautomat beschließen wir als positiv unter Völkerverständigung zu klassifizieren.

Lange lärmt es in der Großstadt noch. Dann ist es mit einem Schlag Schluß, Ruhe bis zum Morgengrauen.

Von Roncesvalles nach Zubiri

(Roncesvalles/Zubiri, Montag, 07.09.2020)

Gestern abend noch total kaputt, heute morgen zwar nicht ganz frisch, aber fit genug, um die Route nach Zubiri in Angriff zu nehmen!

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Ganz frisch sind aber die Außentemperaturen. Seit Menschengedenken ziehe ich beim Start einmal wieder meine Mammutjacke an, um mich vor dem kalten Pyrenäenwind bei bewölkten Himmel zu schützen.

Leicht abfallend geht es in die ersten Orte des Baskenlandes. In Auritz und Auriberri soll Ernest Hemmingway sich zurückgezogen haben, wenn er seine Ruhe haben wollte.

Bis kurz vor Zurbiri gilt es dann doch wieder zwei Steigungen zu überwinden, die ein Ablegen der Jacke erfordern. Dann folgt der steile Abstieg mit viel Geröll. Und ich leide wieder! Doch kein Vergleich zu gestern!

Es reicht gerade noch, den Bogen der Brücke in Zubiri zu erklimmen. Früher wurden tollwütige Tiere beim Überqueren geheilt. Heute erfordert spätestens dann die soziale Kontrolle, es den Covid-Schutzmaskenträgern gleich zu tun.

Überquerung der Tollwutbrücke in Zubiri

Von Saint-Jean nach Roncesvalles

(Saint-Jean-Pied-de-Port/Roncesvalles, Sonntag, 06.09.2020)

Mit dem Aufstehen klopfen ein paar Regentropfen auf das Dach unserer lokal und sozial distanzierten Gite d’Etappe in Saint Jean. Kein Grund zur Aufregung, nur eine kurze Episode!

Noch bei Dunkelheit geht es los auf der Route Napoleon nach Roncesvalles zur ersten und schwersten Etappe auf dem Camino Frances. Die Straßen sind nicht einmal feucht. Die Temperatur ist frisch, aber angenehm. Ideale Bedingungen!

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Feierliche Stille eines Sonntagsmorgen, die nur das ferne Krähen von gallischen Hähnen überlagert .

Sanfte Steigungen wechseln immer wieder mit kurzen Gefällen. Muskulatur und Kreislauf können sich langsam an die zu erwartenden Belastungen in den folgenden Rampen gewöhnen.

Nach gut einer Stunde steht die erste mit dem Aufstieg nach Huntto in der einsetzenden Morgendämmerung an. Ich brauche diesen nicht allein zu machen. Die Kühe eines Bauernhofes werden gerade aus dem Stall gelassen und spazieren seelenruhig mit mir in der Mitte nach oben. Freilich gilt für sie schon jetzt, das eine oder andere Kräuterchen zielbewusst aufzunehmen bevor sie auf eine Alm abzweigen. Am Abend werden sie von selbst wieder zurückkehren, um sich von der dann drückenden Milchlast befreien zu lassen.

Ab dem Refuge Orisson wird es feuchter, aber es regnet nicht. Überhaupt wird es nicht regen. Es wird nur immer feuchter.

Starke Winde treiben Nebelschwaden über die Bergkämme. Auf der Höhe des Abzweigs nach Arnèguy bin ich selbst teil einer Nebelschwabe. Aus ihr komme ich bis zum Abstieg kurz vor Roncesvalles nicht mehr heraus. Sichtweite maximal fünfzig Meter! Definitiv keine Panoramatour!

Trotzdem laufe ich immer noch in kurzer Hose und T-Shirt. Allein mein Strohhut schützt mein Haupt und gibt tropfenweise die gesammelte Feuchte von sich.

Um nicht auszukühlen, mache ich zunächst keine Pause. Damit entfallen auch die Nahrungsaufnahme und die Erholungsphasen für die Muskulatur. Trinken scheint heute nicht notwendig.

Später überlege ich mir das schon noch anders. Trotzdem will beim steilen Abstieg nach Roncesvalles auf den letzten zwei Kilometern mein rechter Gesäßmuskel nicht mehr, später beschließen die Wadenmuskeln, es ihm gleich zu tun.

Die letzten Meter zum geschichtsträchtigen Roncesvalles werden so zu meiner persönlichen Schlacht. Am Ende siegreich, da angekommen! Trotzdem werde ich nicht in die Sagenwelt eingehen. Da muß man schon verlieren wie der alte Ritter Roland!

Rolanddenkmal in Roncevalles

Via Hispania

Im September 2020 geht von Saint Jean Pied de Port über die Pyrenäen nach Roncesvalles und in Spanien auf dem Camino Francès bis nach Frómista in 16 Etappen.

Eigentlich ist geplant, in einem Rutsch bis Campostela zu kommen und abschließend den Camino a Fisterra in Angriff nehmen. Leider zwingt eine beidseitige Nierenbeckenentzündung zum Abbruch.

2021 stoppt das Covid-Wirrwarr und ein Riß am rechten Innenmeniskus das Unternehmen.

Im Frühjahr 2022 erfolgt der Abschluss.