Von Sarria nach Portomarin

(Sarria/Portomarin, Sonntag, 20.03.2022)

Hielt sich der Pilgerandrang zuvor in Grenzen, setzt jetzt ein Massenandrang ein. Es ist kaum zu glauben, wer sich alles an diesem schönen Frühlingssonntag auf den Weg nach Portomarin macht. Die meisten benutzen Sarria als Einstieg, um sich schnell mal die Campostella auf den letzten hundert Kilometer bis zum nächsten Wochenende zu sichern. Viele Gruppen! Mehr Frauen in jedem Alter als Männer! Wenig alte Herren!

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In Sarria gilt es erstmal den Treppenaufstieg zu meistern. Wie an einer Perlenkette aneinandergereiht ziehen die Pilger hoch. Hochmotiviert! Mancher vielleicht übermotiviert.

Die alte Steinbrücke markiert das Ende von Sarria und den Beginn einer wunderschönen gerade zum Leben erwachenden Landschaft.

Eine Engländerin will unbedingt ein Foto von mir machen. Das muß sein. Denn sonst könne ich keinem zeigen, daß ich auf dem Camino war.

Dann kommt die Bar, von der es nur noch hundert Kilometer bis Santiago sind. Eine Gruppe junger Spanier will mich in bierseeliger Laune davon überzeugen, meinen Pilgerausweis zu stempeln. Letzte Chance für die Campostella! Alle fuchteln mit ihren Ausweisen vor meiner Nase herum! Viel Gelächter! Sie verstehen mich nicht, ich versteh sie nicht! Die ganze Bar fühlt sich gut unterhalten. In meiner Not halte ich mein Handy mit dem elektronischen Pilgerpass hoch! Das wird verstanden! „Ah, Allemane!“ Mit ein paar Bemerkungen in Spanisch und viel Gelächter werde ich weiter geschickt.

In fast jedem Anwesen ist ein kunstvoller Speicher zum Trocknen der Ernte! Absolut Mäuse sicher!

Die Treppe zum über den Staudamm gelegten Portomarin ist erstiegen.

Zur Belohnung gibt es in der benachbarten Bar zwei Flaschen in Galicien gebrautes Bier und eine Portion Pulpo.

Von Triacastela nach Sarria

(Triacastela/Sarria, Samstag, 19.03.2022)

Samos hat die perfekte Lage für ein Kloster, weil es von vier Bergen eingeschlossen ist. Der Mönch schaut alternativlos nach oben gegen den Himmel. Nichts stört die intime Beziehung mit Gott.

So zumindest die Selbstdarstellung auf der Website des Klosters.

Mein Weg nach Sarria hätte auch über Samos führen können. Da ich aber die horizontale Weitsicht der vertikalen Hochsicht vorziehe, nehme ich die Variante über San Xil.

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Der happige Aufstieg dorthin wird mit einem schönen Panorama und tiefen Einblicken in die dortige Weidewirtschaft belohnt.

Wasser gibt es mehr als genug. Neue Bäche schießen spontan aus Wiesen. Manch andere Quelle wird künstlerisch umrahmt.

Der Einmarsch in Sarria mit breiten Straßen und Kreuzungen mag da wieder gar nicht so recht passen.

Von O-Cebreiro nach Triacastela

(O-Cebreiro/Triacastela, Freitag, 18.03.2022)

In O-Cebreio verbringen wir einen sonnigen Nachmittag und eine ruhige Nacht. Wir erleben wunderbare Ausblicke bis nach Villafranca ins Tal nach Osten und über die Gipfel der umgebenden Berge. Wir genießen einen schönen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. Jetzt heißt es abzusteigen nach Triacastela!

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Tatsächlich geht es tendenziell abwärts. Das immer wieder Absteigen und Aufsteigen bei kleineren Schluchten läßt kein rythmisches Gehen zu.

Vor allem sind da aber noch der Alto de San Roque und Alto do Polo mit einer deftigen Rampe zu überwinden.

Dann geht es mit angenehmen Gefälle auf den jetzt sehr gepflegten Wegen bergab durch eine frühlingshafte Ginsterheide.

Später folgt der Weg einer Schlucht mit Farnen und austreibenden Laubbäumen durch alte Dörfer an der alten Kastanie in Ramil vorbei direkt nach Tricastela hinein.

Direkt am Ortsrand taucht ein Restaurant auf, dessen Tische mitten auf der Straße in der Sonne stehen. Manche Leute finden das sehr einladend.

Einen vernünftigen Stellplatz finden wir hier jedoch in der Enge des Tales nicht. So will die Fahrerin noch nach Samos.

Von La-Portela nach O-Cebreiro

(La-Portela/O-Cebreiro, Donnerstag, 17.03.2022)

Früh geht es von La-Portela los. Immerhin sind siebenhundert Höhenmeter bis O-Cebreiro zu überwinden

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Ich folge dem Rio Valcarce. In dieser für die Gegend frühen Stunde schlafen die Dörfer mit den eingestellten Neubauten und verfallenen Altbauten natürlich noch. Das Leben beginnt später, wenn überhaupt. Bis Las-Herrerias sehe ich nur ein Müllabfuhrauto.

Ich befinde mich jetzt auf einer kleinen Straße, in dem kaum zwei Auto nebeneinander passen. Erstaunlicher Weise ist ausgerechnet hier die Verkehrsdichte erstaunlich hoch. So muß ich zum Ausweichen glatt ein paar Mal in die Wiese am Straßenrand. Weiß der Teufel, wo die hinfahren.

Dann führt die Straße mit einer langen Steigung aus dem Tal heraus. Ich zweige zunächst in einen alten, teilweise aus dem Fels geschlagenen Hohlweg ab. Zwei lange saftige Steigungen bringen mich zum Schwitzen und Keuchen. Ich bin froh in La-Faba angekommen zu sein.

In der Länge ist es nicht mehr zu weit zum Ziel, in der Höhe schon. Bis La-Laguna steigt der Weg terrassenförmig mit steileren und flacheren Passagen. Irrtümlicherweise glaube ich, der Ort sei schon mein Ziel. Ist er aber nicht. Dort leben nur eine nicht grüßende Wäsche aufhängende Bäuerin und ein nicht grüßender Bauer, der mit seinem wild schauenden Hund neugierige Kühe durch das Dorf treibt.

Stattdessen muss noch der quer durch einen Steilhang führende kontinuierliche Anstieg überwunden werden, den ich aus der Ferne für zu lang hielt, um Teil dieser Etappe sein zu können.

Doch dann ist Galizien erreicht. Ich gehe um eine Ecke und werde mit einer weiteren, aber nicht zu langen Anstieg Willkommen geheißen.

Ich bin in O-Cebreiro und das schaut schon mal ganz anders aus.

Von Cacabelos nach La-Portela

(Cacabelos/La-Portela, Mittwoch, 16.03.2022)

Nicht über zwanzig Kilometer! Gemäß dieser Maxime kann das Ziel heute nur La-Portela heißen.

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Übernachtet haben wir in Cacabelos am Parkplatz gegenüber der Inglesia las Angustias. Diese dient als Pilgerherberge. Entlang der umgebenden Mauer sind Zwei-Bett-Schlafkabinen ähnlich den Totenhäuschen bei den dortigen Friedhöfen angeordnet. Leider ist sie zur Zeit geschlossen. Ich frage mich, was hier im Sommer los sein mag, wenn nicht nur diese Herberge, sondern auch die vielen anderen geöffnet haben und gefüllt sind.

An Weinfeldern und Bodegas vorbei geht es nach Villafranca-del-Bierzo. Beim Abstieg in das Tal des Rio Burbia kommt Mittelalter-Feeling auf. Am Grossen Platz ist es sicher schön, einen Kaffee zu genießen. Aber erst um elf Uhr vormittags liefert der Bäcker seine Ware aus. Um mitteleuropäische Zeit kümmert sich in diesen Gefilden niemand. Außerdem ist es zu kalt.

So weiß ich zu schätzen, dass ich diesen im an irgendeiner Kreuzung in Pereje geparkten Van erhalte.

Weiter geht es am Rio Valcarce links und einer Betonmauer rechts neben der breiten verkehrstoten Nationalstrasse entlang. Der gesamte Verkehr rauscht auf den Stelzen der Autobahn in der Höhe.

So kann auf dem Parkstreifen der Hauptstraße des verlassenen La-Portela das ruhige Nachtlager aufgeschlagen werden. Das einzige Problem ist zunächst ein Esel, der jeden Fußgänger mit einem kräftigen Ia-Ia kommentiert. Bei Einbruch der Dunkelheit kommt er in den Stall.