Von O-Pedrouzo nach Santiago

(O-Pedrouzo/Santiago-de-Compostela, Freitag, 25.03.2022)

Heute ist die letzte Etappe auf dem Camino Frances nach Santiago. Es fällt nicht schwer, vom nüchternen Startort O-Pedrouzo Abschied zu nehmen. Ich bin gespannt auf das Ziel. Aber die Vorfreude hält sich erstaunlicher Weise im Rahmen.

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Wie in den letzten Tagen in Galicien immer schreite ich auf guten Wegen durch einen Mischwald aus Kiefern und Eukalyptusbäumen, deren guter Geruch einem dann doch hin und wieder entgegenschlägt.

Der mittlere Abstand zwischen den einzelnen Pilgern und Gruppen wird zunehmend kleiner. Viele kenne ich inzwischen von den vorherigen Tagen zumindest vom Sehen. Warum auch immer stellt sich die gleiche Marschreihenfolge ein.

Nicht nur bei Frauen, vereinzelt auch bei Männern, liegen Gesäß betonende Legins im Trend. Sie laufen den an Souvenirshops erhältlichen Pilgerkutten den Rang ab. Ich weiß nicht, was der heilige Jakobus sagen würde. Repräsentanten des kirchlichen Establisments müssten sich da schon entsetzt zeigen.

Ich verfolge die Entfernungsangaben auf den Kilometersteinen. Es ist bemerkenswert, wie lange sich fünfhundert Meter anfühlen können. Ich freue mich, wenn der ganzzahlige Anteil mal wieder abgenommen hat.

Historische Bauwerke halten sich in Grenzen. Topographisches Highlight ist der Flughafen von Santiago, der einfach in die Landschaft geschüttet zu einem Umweg zwingt.

Nach dem Flughafen heißt es die verdienstvolle Fahrerin der mobilen Hütte von einem sicheren Stellplatz in San Marco abzuholen. Die letzten fünf Kilometer bis zur Kathedrale gehen wir durch die lange Vorstadt gemeinsam.

Es ist geschafft. Fast zwölf Jahre dauerte es, um vor die Kathedrale von Santiago zu kommen. Aber dafür jedes Stück zu Fuß.

Von Arzúa nach O-Pedrouzo

(Arzúa/O-Pedrouzo, Donnerstag, 24.03.2022)

Am vorletzten Tag starte ich in Arzúa mit dem Ziel O-Pedrouzo.

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Frühstück, Fußpflege und sonstige Notwendigkeiten sind erledigt. Dann geht es los!

Eine Gruppe von Frauen ist jeden Tag der erste Kontakt. Offensichtlich starten sie zum gleichen Zeitpunkt. Obwohl ich nicht auf die Uhr schaue, hat jeder Morgen ziemlich genau den gleichen Zeitverlauf. Bis zum ersten Berg werde ich hinterherlaufen. Dann hat das Geschnatter eine Ende.

Zur Hälfte gibt es eine größere Pause. An diesem schönen Tag habe ich mir ein besonders schönes Plätzchen ausgesucht, unter Palmen und Kamelien.

Bis O-Pedrouzo muß eine Nationalstraße mehrfach überquert werden. Mit Erschrecken muss ich anhand der kleinen Denkmäler und abgelegten Blumensträuße feststellen, dass schon viele Pilger bei Unfällen umkamen.

Von Furelos nach Arzúa

(Furelos/Arzúa, Mittwoch, 23.02.2022)

Von Furelos geht es durch Melide über das mittlerweile gewohnte Streckenprofil nach Arzúa.

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In Melide nahm ich zum ersten Mal eine Palme wahr, die auch den Namen verdient.

Der wohlbekannte Mischwald begleitet unseren Weg. Immer mit sehr viel Wasser! Trotzdem spricht man immer wieder von Wasserknappheit.

Schon kurz vor Arzúa taucht das wunderschöne Fleckchen auf. Eine Bar mit schmackhaften Speisen zumindest auf den Fotos! Wäre die Fahrerin nicht schon vorausgeeilt, hätte ich mich hier laben können.

So geht es aber hoch nach Arzúa. Ich bin heute sehr früh da. Kaffee und Kuchen in der Stadt wäre nicht schlecht. Aber die Stadt ist tot. Vor fünf Uhr nachmittags geht hier überhaupt nichts!

Von Ligonde nach Furelos

(Ligonde/Furelos, Dienstag, 22.03.2022)

Gestern erteilte die Bäuerin hysterisch dem jungen Hund vom Gehöft in Ligonde einen Rüffel, weil er eine lebende Gans den Hals zwischen den Zähnen daher schleppte. Geknickt schlich er unverstanden mit eingezogenen Schwanz von dannen, dem Federvieh seine Freiheit überlassend. Heute überwacht er Pflicht bewusst und stolz mit wehender Fahne meinen Start nach Furelos vor der Einfahrt. Die Botschaft lautet: „Komm bloß nicht noch näher!“

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Bauernhof reiht sich an Bauernhof, Kuhflade reiht sich an Kuhflade, Kuhweide reiht sich an Kuhweide. Aber immer häufiger finden sich auch reizvolle Bars am Straßenrand. Diese sind um diese Jahreszeit von Haus aus oder wegen der frühen Tageszeit noch CERRADO.

So habe ich genügend Zeit mich über die schöne Landschaft zu freuen. Zur Abwechslung bietet ein Friedhof die Gelegenheit, sich über Bestattungspraktiken Gedanken zu machen. Offensichtlich werden hier die Toten nicht eingegraben, sondern von der Seite durch die Mauer in die Gräber eingeschoben. Dies erlaubt eine Platz sparende einfache vertikale Schichtung.

Bald zeigt sich Palais de Rei im Tal. Zeit für eine erste Pause! Aber sollte man nicht zufällig am Stellplatz hinter der Stadionmauer übernachten wollen, gibt es keinen Grund länger zu verweilen. Wieder eine Menge Pilgerherbergen. Wie werden die gefüllt?

Im Schweiße meines Angesichts erreiche ich, ohne auf dem ganzen Weg einen Kollegen gesehen zu haben, den finalen Abstieg nach Furelos. Der Fahrerin ist es tatsächlich gelungen, mit unserem Kasten in den engen Dorfkern gegenüber der Brücke einzudringen. Jetzt richtet sie ihr Handy auf mich, um meinen eleganten Slalomlauf bergab zu filmen. Leider vergisst sie vor Begeisterung, den Auslöseknopf zu aktivieren. So ist dieses einmalige Dokument der Zeitgeschichte für immer verloren.

Von Portomarin nach Ligonde

(Portomarin/Ligonde, Montag, 21.03.2022)

Der Führer meiner Wahl sieht für die zwei Etappen nach Palas de Rei und Arzúa insgesamt 54 Kilometer vor. Das ist mir zu viel! Der Weg wird in drei Etappen aufgeteilt! Die erste führt nach Ligonde, das sich durch nichts anderes auszeichnet als nach einem Drittel der Strecke zu liegen.

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Der Start in Portomarin erfolgt an der Kirche, die vor der Überflutung durch den Umzug auf höher gelegenes Gebiet gerettet wurde.

Fast alle, die gestern in Sarria starteten, sind bis Portomarin gegangen. Dementsprechend wiederholt sich auch hier der Massenstart. Und morgen wird das gleiche in Palas de Rei geschehen.

Zur Entkoppelung ist es gar nicht so schlecht, heute in Ligonde zu stoppen.