Von Romont nach Moudon

(Romont/Moudon, Montag, 03.06.2013 )

Da der große Regen nun vorbei ist und die Vorhersage für die nächsten Tage gutes Wetter verheißt, bringt mich meine liebe Frau in einer sechsstündigen Autofahrt aus dem Herzen Bayerns nach Romont. Um Punkt 15:00 Uhr mache ich von der Stadt auf dem Berg der alten Stadtmauer entlang mit weiten Blick in das Tal der Glane auf den Weg nach Moudon. In ein paar Tagen will ich die Durchquerung der Schweiz in Genf abgeschlossen haben.

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Die Landschaft hier genutzt für Ackerbau und Viehzucht ähnelt sehr der meiner oberpfälzerischen Heimat. Mag sein, dass deswegen so richtig euphorische Aufbruchstimmung noch nicht aufkommen will.

Erst als mich eine auf den steilen Feldwegen aus welchen Grund auch immer umherirrende Autofahrerin auf französisch um Auskunft bittet, realisiere ich, dass sich nun mein Aufenthalt ein paar hundert Kilometer weiter südwestlich befindet. Die einzige Auskunft, die ich geben kann, ist freilich nur: „Ich spreche nicht französisch!“ Das kann ja noch heiter werden!

Der Ärger darüber beschäftigt mich bis Moudon. Der Anblick der kanalisierten Brogne mit dem intensiven Verkehrslärm vom gegenüberliegenden Ufer ist nicht dazu geeignet, ihn zu unterbinden. Warum habe ich nur Latein gewählt?

Moudon verdient einen längeren Rundgang, den ich morgen mit frischen Kräften nachholen will.

Von Fribourg bis Romont

(Fribourg/Romont, Samstag, 29.09.2012)

Es ist Samstag, und die Finis Terrae Abschlussetappe für das Jahr 2012 von Fribourg nach Romont steht an.

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Beim Verlassen von Freiburg ist das Wetter alles andere als erbauend. Es sieht so aus, als stünde wieder eine Regenschirmetappe an. Und tatsächlich ist er von 29 Kilometern 28 aufgespannt. Der Regenschirm hat sich zu einem meiner wichtigsten Ausrüstungsteile gemausert.

Tief hängende Wolken verstecken die Landschaft, verhindern den weiten Blick und konzentrieren den Focus auf Nahes wie zum Beispiel einen Zwanzig-Zentner-Bullen, der plötzlich in Nasenring-fass-Reichweite nur durch einen dünnen Elektrodraht getrennt auf einer Weide als erweiterte Konsequenz der artgerechten Kuhhaltung gegenübersteht.

„Solang de net die Aug’n verdrah’n, und Du net as Weisse siachst, brauchst de net z’fiarchtn“, unterrichtete mich mein seliger Vater und immerhin Metzgermeister und Viehhändler während des täglichen Viehtreiber-On-The-Job-Training, das meistens den Vorrang vor dem Kindergartenbesuch erhielt. Der Stier verdreht seine rehbraunen Augen tatsächlich nicht und lässt nur ein gelangweiltes „Muh“ verlauten, um dann seine volle Aufmerksamkeit wieder auf seine momentane Lieblingskuh zu richten, die in einem Wechsel zwischen Lust und Unlust badet und unschlüssig ist, ob sie den Meister gewähren lassen oder lieber Grass fressen soll.

Damals als Fünfjähriger hätte ich wahrscheinlich mit dem Stier gesprochen und ihm die Stirn gekrault. Heute mache ich mich doch lieber langsam aus dem Staub. Denn ich weiß auch: nicht weit vom väterlichen Grab ruht mein Namensvetter und Urgroßonkel, der den zu nahen Kontakt mit einem solchen Wesen noch jung an Jahren mit dem Leben bezahlte. Hoffentlich muss ich nicht einmal lesen, ein Stier hat einen nur auf Gott vertrauenden Jakobspilger auf die Hörner genommen!

Der Bulle ist mir trotzdem unwahrscheinlich sympathisch. Für den neutralen, universalen, außerirdischen Beobachter ist die Frage „Wer ist beneidenwerter: ein Mensch, der im Regen nach Romont läuft, oder ein Bulle, der nur seine Damen beglückt und dazwischen Gras frisst?“ sicherlich nicht einfach.

Zweifellos eine Regenfrage!

Der Regen hört dann genau vor dem Aufstieg nach Romont auf. Die Begeisterung nach fast 30 Kilometern nochmal auf einen Berg zu steigen, hält sich in Grenzen. Doch die Stadt auf dem Berg kann den müden Krieger am Schluß doch noch begeistern.

Als beim Abtauchen in der Anderswelt der behaglich trockenen Kirche auch noch die Orgel ein kleines Konzert anstimmt, ziehe ich meine Existenz der eines wahrscheinlich momentan wiederkäuenden, mit der Regenerierung seiner Resourcen auf einer naßen Wiese beschäftigenden, ewig zum Sprung bereitstehen müssenden Bullen vor.

Auf Wiedersehen dann bis zum nächsten Jahr in Romont für den Aufbruch zum Genfer See!

Von Tafers bis Fribourg

(Tafers/Fribourg, Freitag, 28.09.2012)

In einem kurzen Freitagvormittagspaziergang geht es von Tafers nach Fribourg. Am Nachmittag will ich die Stadt besichtigen.

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In Tafers starte ich an der schönen Jakobskapelle. Hier wird die Pilgergeschichte von dem Sohn, der sich anstelle seines aufgrund einer weiblichen Intrige zu Unrecht des Diebstahls verdächtigten Vaters aufhängen ließ, in Bildern dargestellt. Der Vater setzte trotzdem seinen Weg nach Compostella fort …

Ich lerne daraus: „Setzte den Weg zunächst nach Freiburg fort!“

Von Rüeggisberg bis Tafers

(Rüegisberg/Tafers, Donnerstag, 27.09.2012)

Es ist Donnerstag. Es ist kühl, aber sonnig. Ideales Wetter um die Strecke von Rüeggisberg nach Tafers kurz vor Fribourg über Schwarzenburg in Angriff zu nehmen.

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Über dem Startort liegt das laute Gebrüll hunderter von Kühen. Am Ortsausgang findet auf einem Parkplatz eine Kuhkörung statt. Die Tiere werden an einer züchterischen Idealkuh gemessen. Je mehr Übereinstimmung desto höher ihr Wert und umgekehrt. Den Besitzern winken nicht nur überdimesionale Kuhglocken als Preise. Viel wichtiger ist wahrscheinlich der Prestigezuwachs und den Nachbarbauern zu übertrumpfen.

Die Viecher sind herausgeputzt im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe nun schon einige Kühe gesehen, aber so gestylte nun doch noch nicht. Wurzelbürsten zur Entfernung des letzten Staubkorns auf den schneeweißen Eutern und Haarspraydosen zur Fixierung der Striegelrichtung des Felles, um kleinere Mängel zu kaschieren und Stärken zu betonen, sind die Standardaccessoires. Für den Bewerter heißt es da natürlich genau hinschauen. Die Sache ist sehr ernst.

Lange schallt es von den Kühen noch beim Abstieg in die Schwarzwasserschlucht, von der es dann wieder Richtung Schwarzenburg aufzusteigen gilt. Auf der freien Hochebene weht plötzlich ein starker,kalter Wind direkt von vorn. Meinen Strohhut hält es nicht auf dem Kopf. Sein ständiges Einfangen nervt, und er landet auf dem Rucksack, obwohl ein Schutz gegen die intensive Sonnenstrahlung durchaus wünschenswert wäre.

Überraschender Weise führt der Jakobsweg nicht mehr über die von weiten sichtbare imposante Kirche und an Schwarzenburg vorbei. Stattdessen führt er direkt in die Ortschaft. So kann auch ich ein paar Franken der dortigen Wirtschaft durch den Erwerb und Verzehr eines Rindergulasches hinterlassen. So gestärkt ist der Abstieg in die Senseschlucht auf historischem Weg leicht.

In tausenden von Jahren hat sich der Fluss in den Sandstein gefressen. Der Mensch anderseits konnte schon früh Wege nach seinen Bedürfnissen aus dem weichen Molassesediment schneiden.

Nochmals geht es über die Hochebene von Heitenried und St.Antoni nach Westen bevor Tafers in einer Niederung dann endlich erreicht ist. Der Westwind ist jetzt zwar warm aber trotzdem so stark, dass Radfahrer absteigen und ihr Vehikel schieben. Ich konnte sie überholen.

Von Amsoldingen bis Rüeggisberg

(Amsoldigen/Rüeggisberg, Mittwoch, 26.09.2012)

Heute ist Mittwoch und es geht von der Kirche in Amsoldingen nach Rüeggisberg.

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Die alpinen Gipfel geraten mehr und mehr aus dem Focus. Das Grün der Wiesen prägt die Landschaft. Die touristische Hektik am Brienzer und Thuner See ersetzt eine streckenweise fast unglaubliche Stille mit einem beruhigenden Gebimmel der Kuhglocken.

In Rigisbach erlebe ich durch Zufall den Abtrieb einiger Kühe von der Alp. Nicht nur die Treiber sind ausgelassen, auch den Kühen scheint die Rückkehr in den nahen Stall Flügel zu verleihen.

Nach Rüeggisberg gilt es einen steilen Anstieg zu erklimmen. Von der Ferne droht noch eine Dusche zum Abschluss.

Die dortige alte Klosterruine erreiche ich nicht regennass aber doch schweißgebadet.

Ein Bären-Steak mit zwei Stangen Bier im gleichnamigen Gasthof ist der genussvolle Abschluss der Etappe.