Von El-Ganso nach El-Acebo

(El-Ganso/El-Acebo, Sonntag, 13.03.2022)

In der Nacht hat sich der Nebel als starker Regen und später als Schnee abgesetzt. Am Morgen haben wir einen blauen Himmel mit vereinzelten Zirren.

Meine Beine badeten gestern in einem Kamillebad. Die Fahrerin punktierte die Blasen und entfernte die Hautfetzen. Meine Stiefel bekamen neue Einlagen.

Dazu trage ich heute zwei Paar dünne Socken. Sollen die sich doch aneinander reiben.

Die Maßnahmen haben geholfen. Ursprünglich wollte ich nur bis zum Cruze Ferre. Weil es mir dort oben super geht, verlängere ich bis El-Acebo, obwohl es da einige meiner gehassten Steilabstiege hat.

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Am Ortsausgang von El-Ganso geht es los in die Richtung irgendwo rechts der weißen Berge.

Die Stiefel sitzen gut mit den getauschten Einlagen und den doppelten Socken. Es macht mal wieder Spaß zu gehen. Das Wetter tut das übrige.

Rabanal und Foncebadón zeichnen sich schemenhaft in der Ferne ab und werden mit jedem Schritt plastischer. Was für ein Kontrast zur gestrigen Nebelsuppe.

Der Höhenanstieg erfolgt allmählich, vor und nach Foncebadón etwas drastischer. Dann ist auch schon das Cruze-Ferre erreicht.

Ich lege einen Stein nieder und hoffe, damit meine Blasen los zu werden.

Den Abstieg nach El-Acebo mache ich mit Dominik, einem sehr sympathischen Engländer, der sein Geld auf der ganzen Welt als Nachhilfelehrer für Kinder reicher Eltern verdient, um sie für das englische Schulsystem zu qualifizieren. Er hat zwar eine Drohne dabei, aber die Batterie ist nicht geladen. Er plant seine Etappen mit einer App auf seinem Handy, aber die Batterie ist auch leer. Die App sei ohnehin schlecht. Er will im nächsten Dorf übernachten. Aber die Herberge von Manjarin ist ihm dann doch zu archaisch. Da hätte er seinen super Kälteschlafsack testen können. Wir verabschieden uns dann bei der ersten Herberge nahe unserem Kasten in El-Acebo. Er wollte später noch vorbeischauen, um sein Handy zu laden. Ist er dann aber doch nicht.

Von Astorga nach El-Ganso

(Astorga/El-Ganso, Samstag, 12.03.2022)

Heute beginnt der Aufstieg zum Cruze-Ferre. Aufgrund der aufgeblasenen Fußsohlen soll zur Schonung erst einmal in El-Ganso Schluß sein.

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Bei ziemlich kalten Temperaturen breche ich an der Kathedrale im lieb gewonnenen Astorga auf.

Ich überlege, einen Stempel im Touristenbüro abzuholen. Entscheide mich dann doch dagegen, weil ich nicht in jedem Dorf nach einer Stempel führenden Stelle suchen will.

Unmerklich steigt das Gelände langsam an! Auf halber Strecke ist dann eine Höhe erreicht, in der es dann sogar zu graupeln beginnt.

Wären nicht meine Blasen, könnte ich den Schnee in der buschigen Szenerie sogar genießen. So rolle ich doch ziemlich ratlos in El-Ganso ein.

Wollen wir auf eine heilsame Nacht hoffen.

Von Santibánez nach Astorga

(Santibánez/Astorga, Freitag, 11.03.2022)

Starkregen in der Nacht! Heiter nach Sonnenaufgang mit Frühlingsaussichten! Da freue ich mich auf den kurzen Trip nach Astorga.

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Wir haben uns wohlgefühlt in Santibánez, wenn es auch schwer fällt, dies beim Anblick des Bauernhofes zu glauben. Wir wohnten auf der anderen Seite des Ortes.

Ein spanischer Hirtenhund verabschiedet mich. Die leben dort überall mit den Schafherden zu deren Schutz. Umso erstaunlicher ist der Hinterlauf in seinem Maul, wenn dieser auch eher von einer Ziege zu stammen scheint.

Über hügeliges Gelände mit einer Mischung aus Trockenrasen und verkrüppelten verbuschten Eichen erreiche ich eine archaische Herberge. Die nicht gerade neuen Matratzen liegen offen unter verschieden Formen von Überdachungen, eine Hängematte ist zwischen zwei Bäumen gespannt. Irgendwo steht ein Zelt. Wer haust denn hier?

Am Crucero Toribio bietet sich ein überwältigender Ausblick auf Astroga mit der Kathedrale und den mit Neuschnee bedeckten Leóner Bergen im Hintergrund. Ich überlege schon, hier nach getaner Arbeit im Van den Nachmittag zu verbringen.

Da meint man schon, das Ziel ist nahe. Aber es sind noch einige lange Kilometer. Nach jeder Kurve kommt noch einmal eine und noch einmal eine. Bei der genialen Brückenkonstruktion über den Bahndamm ist dann doch das Ende abzusehen. Die kurze aber steile Rampe zur Altstadt sollte man nicht vergessen.

Auf dem Großen Platz vor dem Rathaus verweile ich ziemlich lange auf einer Bank in der wärmenden Frühlingssonne. Durch die schmucke Fußgängerzone mit Schokoladenspezialitäten geht es zum Gaudi Palast und zur Kathedrale. Vielleicht gehe ich morgen dochmal zur Messe, um das Innere einer Kirche zu sehen.

Astragon hat es mir angetan. Überschaubar im Gegensatz zu León. Und doch spektakulär.

Von Villadangos nach Santibánez

(Villadangos/Santibánez, Donnerstag, 10.03.2022)

Nach der Nacht in Villadangos ist Santibánez das heutige Ziel. Erfahrungen auf dem Weg ähnlich der gestrigen sind nicht auszuschließen.

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Und tatsächlich ist es so! Nur spielt sich das ganze auch noch im Nebel ab!

Erst ab Hospital-de-Órbigo wird es lichter. Der weg führt Weg von der Straße in das Hinterland.

Die längste Brücke auf dem Camino Frances über den Rio Órbigo taucht aus dem heiteren Himmel auf.

Und schon stellt sich auf den letzten Kilometer wieder das befriedigende Feeling aus der Synthese von Natur, Geschichte, und körperlicher Anstrengung ein.

Von León nach Villadangos

(León/Villadangos, Mittwoch, 09.03.2022)

Bei meinen zahlreichen Wehwehchen war ich mir gestern abend gar nicht so sicher, ob ich mich heute von León nach Villadangos-del-Paramo auf die Socken machen kann. Doch wieder einmal verbringt die Nacht Wunder. Ich habe zumindest beim Start gute Beine.

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Das Verlassen einer großen Stadt zu Fuß ist immer etwas ganz Nerviges. Immer auf der Hut vor plötzlich auftauchenden Hindernissen: rücksichtslose Autofahrer, auf Gehwegen parkende Paketdienste und Handwerker, an Engpässen überholende Joggerinnen und Hundekacke, die da bleibt, wo sie hinfällt, solange keiner reintritt! Blinde Fenster, vergilbte Gardinen, heruntergelassene Jalousien in Massenunterküften tun ein übriges.

Nur weg von hier!

Auf halber Strecke wartet die mobile Hütte mit einem heißen Tee neben dem Kirchturm mit Storchennestern. Welch eine schöne Überraschung!

So gestärkt geht es weiter, immer parallel zum brausenden Verkehr auf der Nationalstraße: bevorzugtes Terrain der Trucker, da nicht mautpflichtig im Gegensatz zur nahen Autobahn! Jetzt weiß ich, warum manche Pilger Ohrstöpsel tragen.

Das Stück bis Villadangos ist die schrecklichste Erfahrung meiner Jakobswegetappen: Autohof-Feeling pur.

Nur „Den Camino Frances ganz zu laufen“ kann die einzige Motivation sein.